Aus dem Bechterew-Brief Nr. 77 (Juni 1999)

Was der Morbus-Bechterew-Patient über die künstliche Beatmung bei der Narkose wissen muß

von Dr. med. Dietmar Wielgosch, Facharzt für Anästhesie, Kaufbeuren

Kurzfassung eines Vortrags am 25. November 1998 vor der Therapiegruppe Kaufbeuren

Bei den meisten Operationen in Vollnarkose muß der Patient künstlich beatmet werden. Hierfür sind vier verschiedene Methoden möglich:

  1. Bei kurzen unkomplizierten Eingriffen wird der Patient mittels einer Kunststoffmaskebeatmet, die auf den Mund- und Nasenbereich des Patienten aufgelegt wird (Bild 1).
  2. Bild 1: Schema einer Gesichtsmaske zur künstlichen Beatmung in einfachen Fällen
  3. Bei längeren Eingriffen kann die "Larynxmaske"(Kehlkopfmaske) Verwendung finden (Bild 2). Dabei handelt es sich um einen flexiblen Beatmungsschlauch mit aufblasbarem Luftkissen. Sie wird nach Einleitung der Narkose in den Rachen des Patienten vor den Kehlkopfeingang geschoben und mittels des aufblasbaren Luftkissens abgedichtet. Die Larynxmaske hat Vor- und Nachteile. Sie kann als Behelfsmaßnahme bei unvorhergesehen schwieriger Intubation (Einführung des Beatmungsrohrs oder -schlauchs) die Beatmung ermöglichen, ist aber in manchen Fällen (z. B. bei Morbus-Bechterew-Patienten mit Halswirbelsäulenverkrümmungen) nicht korrekt zu plazieren. Außerdem dichtet sie den Kehlkopf nicht mit absoluter Sicherheit ab.
  4. Bild 2: Larynxmaske mit aufblasbarem Luftkissen zur Abdichtung vor dem Kehlkopfeingang
  5. Bei Eingriffen im Kopf- oder Halsbereich, im Brustkorb oder Oberbauch, bei sehr lang andauernden Eingriffen oder wenn während der Operation Lageveränderungen erforderlich sind sowie bei nicht nüchternen Patienten muß die endotracheale Intubation (Einführung eines Beatmungsschlauchs in die Luftröhre) angewandt werden. Dabei wird ein Kunststoff- oder Gummirohr (Tubus) durch den Kehlkopf in die Luftröhre (Trachea) eingeführt, dort abgedichtet und befestigt. in Laryngoskop(Kehlkopfspiegel) erleichtert die Einführung des Tubus. Das Laryngoskop besteht aus einem Metallspatel zum Hochdrücken der Zunge und des Zungengrunds, einer Lichtquelle und einem abgewinkelten Haltegriff (Bild 3). Der Arzt kann mit seiner Hilfe den Kehlkopf sehen, durch den der Tubus eingeführt werden muß.
  6. Bild 3: Laryngoskop mit dem abgewinkelten Spatel zum Hochdrücken der Zunge und einer Beleuchtungseinrichtung zum Sichtbarmachen des Kehlkopfs in "Jackson-Position"
  7. Bei bestimmten anatomischen Verhältnissen ist die Intubation technisch schwierig oder auf die übliche Weise unmöglich, z. B. bei Morbus-Bechterew-Patienten, bei denen die Halswirbelsäule so weitgehend versteift ist, daß sie die im Bild 3 gezeigte "Jackson-Position" nicht einnehmen können. Es muß dann die "wache Intubation" mit dem Bronchoskop(Bronchienspiegel, Bild 4) durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um ein flexibles, glasfaseroptisches Instrument mit Lichtquelle zur Luftröhren- und Kehlkopfinspektion (man kann damit in alle Winkel und Krümmungen schauen).
  8. Bild 4: Fiberoptisches Bronchoskop mit darübergeschobenem Beatmungstubus. An den T-Adapter (Pfeil) wird das Beatmungsgerät angeschlossen

Das Bronchoskop wird bei schwierigen Intubationen zur Vorbereitung von Narkosen eingesetzt, damit der Beatmungsschlauch richtig und schadenfrei angebracht werden kann.

Bei der wachen Intubationmit dem Bronchoskop wird nur der Mund-, Rachen- und Kehlkopfbereich örtlich betäubt, dann das flexible Glasfaserrohr durch den Kehlkopf bis in die Aufzweigung der Luftröhre geschoben (Bild 5). Über das Bronchoskop wird dann der Beatmungs-Tubus an die richtige Stelle plaziert.

Bild 5: Richtig in der Luftröhre eingesetzter Beatmungs-Tubus

Anmerkung: Dieser Bericht dient nur der allgemeinen Aufklärung. Vor einem Eingriff muß unbedingt ein sehr sorgfältiges individuelles Gespräch zwischen dem Patienten und dem Narkosearzt geführt werden.

Bechterew-Brief Ende

Anschrift des Verfassers: Eichenstr. 113, 87600 Kaufbeuren