Aus dem Morbus-Bechterew-Journal Nr. 112 (März 2008)

HLA-B27 und Morbus Bechterew:

Warum in manchen Ländern häufig, in anderen selten?

von Prof. Dr. Alessandro Mathieu und Dr. Alberto Cauli, Rheumatologen an der Universität Cagliari, sowie Dr. Maria Teresa Fiorillo und Dr. Rosa Sorrentino, Biologen an der Universität Rom, Italien

Bild 1: A) Geographische Häufigkeitsverteilung des Erbfaktors 
HLA-B27 in Prozent nach M. A. Khan (Bechterew-Brief Nr. 75 S. 6).  B) Gegenden, in denen Malaria besonders verbreitet ist, 
nach Internet-Angaben der WHO (World Health Organisation).

Bild 1:
A) Geographische Häufigkeitsverteilung des Erbfaktors
HLA-B27 in Prozent nach M. A. Khan (Bechterew-Brief Nr. 75 S. 6).
B) Gegenden, in denen Malaria besonders verbreitet ist,
nach Internet-Angaben der WHO (World Health Organisation).

Bei der geographischen Verteilung des Erbfaktors HLA-B27, der die Veranlagung zum Morbus Bechterew wesentlich mitbestimmt, fällt auf, dass die Häufigkeit am Äquator und auf der Südhalbkugel am geringsten ist und in hohen nördlichen Breiten besonders hoch (Bild 1A). Es wird deshalb vermutet, dass die Häufigkeit der Varianten der HLA-Gene und besonders die Häufigkeitsverteilung des HLA-B27 durch natürliche Selektion auf Grund unterschiedlicher Umweltbedingungen entstanden ist. Es wurde nachgewiesen, dass Träger des HLA-B27 weniger häufig an Virus-Infektionen erkranken (AIDS, Hepatitis C, Grippe). Obwohl das besonders häufige Vorkommen des HLA-B27 in manchen Gegenden tatsächlich durch diesen Schutzeffekt erklärt werden kann, könnte umgekehrt auch eine negative Auslese durch Malaria zu dieser Verteilung beigetragen haben.
Zum Beispiel reicht die HLA-B27-Häufigkeit bei den Bewohnern der Pazifik-Inseln von 0% im Flachland bis 52% bei der isoliert auf 1200 m über dem Meer lebenden Pawaia-Bevölkerung im Inneren von Papua-Neuguinea. Die Malaria ist umgekehrt umso seltener, je höher über dem Meer die Bevölkerung lebt. Durch Einwanderungen von benachbarten Inseln und Rückzug der Urbevölkerung in die Bergregionen kann diese Erscheinung nicht erklärt werden, da auch in der Umgebung von Neuguinea das HLA-B27 selten ist. Eine mögliche Erklärung könnte darin bestehen, dass HLA-B27 weniger vor einer schweren Malaria schützt als andere HLA-B-Varianten und deshalb im Flachland eine negative Selektion stattgefunden hat. Diese Hypothese wird gestützt durch eine Beobachtung im Westen Indiens in einer Gegend mit geringer und jahreszeitlich schwankender Übertragungsrate des Malaria-Erregers Plasmodium falciparum, wo bevorzugt HLA-B27-positive Personen infiziert werden.
Der Selektionsdruck durch die Malaria begünstigt in manchen Gegenden Genvarianten, die ansonsten zur Ausbreitung neuer Infektionskrankheiten beitragen oder zur Empfänglichkeit für weit verbreitete Krankheiten. Dies könnte für einige HLA-B-Varianten zutreffen wie HLA-B53, das zur Widerstandsfähigkeit gegen Malaria beiträgt, oder HLA-B35, von dem eine Variante gegen AIDS schützt, die andere jedoch für AIDS empfänglich macht.
Von den verschiedenen HLA-B27-Untertypen (Bechterew-Brief Nr. 66 S. 15–18, Nr. 75 S. 6–8), die wahrscheinlich aus dem ursprünglichen Typ B*2705 durch Mutation entstanden, haben sich manche in Gegenden erhalten, in denen Malaria verbreitet ist, z.B. B*2702 und B*2707 im Mittleren Orient, B*2707 in Westafrika, B*2704 und B*2706 in Südostasien und B*2709 auf Sardinien. Obwohl die Untertypen sicher

 

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