Aus dem Morbus-Bechterew-Journal Nr. 116 (März 2009)

Osteopathie bei Morbus Bechterew

Dr. med. Gudrun Lind-Albrecht, Mitglied der MBJ-Redaktion, Düsseldorf

Immer mehr Betroffene mit Morbus Bechterew berichten über positive Erfahrungen mit einer osteopathischen Behandlung, auch in Situationen, in denen klassische Formen der Physiotherapie nicht mehr wirksam oder nicht mehr anwendbar waren. Sehr häufig bezahlen die Patienten diese Behandlung selbst, denn zumindest die gesetzlichen Krankenkassen erstatten die Kosten in der Regel nicht.

Osteopathie - Was ist das?

Osteopathie ist eine im eigentlichen Sinne ganzheitliche Behandlungsform, denn bei der Osteopathie werden immer kybernetische Prozesse (Steuerungsmechanismen, Regelkreise und Rückkopplungssysteme) im ganzen Körper in ihrer vielfältigen Vernetzung beachtet, sowohl wenn es um die Diagnostik geht als auch in der Therapie. Die Osteopathie geht davon aus, dass alle Prozesse und Regelmechanismen im Körper und im geistig/seelischen Bereich in sich und untereinander in einem Fließgleichgewicht sein sollten. Wenn irgendwo ein Stopp entsteht, kann das eine Zeitlang gut gehen, aber mehr und mehr Anteile dieses Fließgleichgewichts werden (durchaus auch unbemerkt) beeinflusst, bis sich die Störung bemerkbar macht, z. B. als Schmerz. Mit verschiedenen osteopathischen Techniken wird dann nach sorgfältiger Befunderhebung der Körper dazu angeregt, seine Balance in allen Körperstrukturen wiederzufinden.

Etwas zur Geschichte der Osteopathie

Osteopathie bei Morbus BechterewDer Begründer der Osteopathie war der amerikanische Arzt Dr. Andrew STILL. Im Jahr 1874 trat er – nachdem er schon einige Jahre mit der Entwicklung und Erprobung seiner neuen Methode beschäftigt war – mit seinen Erfahrungen und seinem neuen Modell der von ihm selbst so benannten Osteopathie an die Öffentlichkeit. Seine Ideen fanden großen Anklang, und in den folgenden Jahrzehnten verbreitete sich die Methode zusehends. Sie wurde Schritt für Schritt weiterentwickelt. Allmählich entwickelte sich die Osteopathie zu ihrer heutigen Form. Einer der Schüler von Dr. Still, Dr. William SUTHERLAND entwickelte die craniosacrale Therapie innerhalb der Osteopathie; Jean Marie BARRAL begründete die viscerale Osteopathie (siehe Seite 14). Während in den USA, in Australien und in England die Osteopathie bezüglich Ausbildung und Anerkennung einheitlich geregelt ist und in den USA sogar an den Medizinischen Fakultäten beheimatet ist, wird in Deutsch-land wie auch in vielen weiteren europäischen Ländern die Ausbildung von unterschiedlichen Institutionen unterschiedlich gestaltet. In Deutschland ist eine mindestens 5-jährige Ausbildung Pflicht, und der Behandler muss die Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde haben: z.B. als Arzt, Physiotherapeut, Ergotherapeut oder Heilpraktiker.

Was kennzeichnet die Methode?

In der Osteopathie sind tiefgehende anatomische und physiologische Kenntnisse des Bewegungsapparats (also der Struktur und Funktion der Muskeln, Sehnen, Knochen und Gelenke) nötig, aber darüber hinaus auch Kenntnisse aller anderen Organ- und Funktionssysteme im Körper. Alle Systeme unterliegen Regelkreisen und alle Systeme und Regelkreise kommunizieren untereinander. Bewegung im weitesten Sinne ist in allen Systemen wichtig. Mit Bewegung ist nicht nur das äußerliche Gelenk- und Muskelbezogene Sich-Bewegen gemeint, sondern auch Vorgänge wie die Atmung, die Verdauung, der Schlaf-Wach-Rhythmus, der Wechsel von Anspannung und Entspannung, die Durchblutung, die hormonellen Zyklen. Die Auswirkungen auf das System der Muskeln, Faszien (hauchzarte Einhüllungen von Muskeln, Sehnen, Organen) und des Bindegewebes lassen sich von den feinfühligen Händen des Osteopathen erspüren. Gerade die Faszien haben eine eminente Wichtigkeit in der Osteopathie: Faszien dienen einerseits als Grenzstruktur zu anderen Gewebeeinheiten und bilden andererseits Leitstrukturen für Nerven, Blut- und Lymphgefäße. Störungen oder Veränderungen der Faszien haben so Auswirkungen auf die Versorgung und Funktion der umhüllten Struktur. Andererseits machen sich auch Funktionsstörungen der Organe und Gewebe im Bereich der Faszien bemerkbar.

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