Aus dem Morbus-Bechterew-Journal Nr. 116 (März 2009)

Mit 20 Bechti, mit 30 Hüfti, mit 40 Mami

von Birgit Findt, Weingarten

BabyAls niemand mehr wirklich daran glaubte, ist das Wunder geschehen: Im „relativ hohen“ Alter von 43 Jahren wurden „wir“ schwanger. Eigentlich wollte ich – und später auch mein Mann – selbstverständlich gerne Kinder haben. Als in unseren „20er Jahren“ der Morbus Bechterew massiv mit seinem typischen schmerzhaften Anfangsverlauf incl. ständiger Entzündung der Hüftgelenke zuschlug, waren wir gerade mit Aus- und Weiterbildung beschäftigt. Wir hatten ja noch viel Zeit und hofften auch, dass diese für uns arbeiten würde. Aber mit den Jahren wurde es eher schlimmer. Rehas, ständige Behandlungen und auch Medikamente konnten nicht verhindern, dass das rechte Hüftgelenk langsam kaputt ging (leider gab es damals noch keine TNF-Alpha-Hemmer). Natürlich wurde versucht, eine Operation hinauszuzögern. Hüftgelenk-Prothesen halten ja bekanntlich nicht ewig. Im Jahr 1996, als Laufen nur noch mit Krücken und eine Belastung des rechten Beines endgültig nicht mehr möglich war, bekam ich die erste Totalendoprothese (OP und Anschlussreha sehr erfolgreich). Vielleicht wäre jetzt der Zeitpunkt für eine Schwangerschaft günstig gewesen? Leider fing es kurz danach mit dem linken Hüftgelenk an. Die Entzündung suchte sich also einen neuen Platz. Wieder entmutigt, verdrängten wir das Schwangerschaftsthema. Zwischenzeitliche Todes- und Unglücksfälle in der Familie machten unser Leben zusätzlich schwer. Die zweite Hüftgelenk-Endoprothese ließ sich 2002 nicht mehr hinauszögern. Inzwischen war ich 37 Jahre alt. Auf die inzwischen von außen seltener gestellte Frage nach Kinderwunsch antworteten wir eher halbherzig mit „noch nicht abgeschlossen“. Es ging ja nicht nur darum, 9 Monate Schwangerschaft durchzustehen, sondern danach das Kind auch versorgen zu können. Dann kam mit Ende 30 eine Zeit der relativen Beschwerdefreiheit. Jetzt entschlossen wir uns, ein Häuschen zu bauen und dann an Schwangerschaft zu denken. Leider kommt es anders als man denkt: Nach dem Einzug ins Haus kam es zu einer massiven Entzündungsserie, bei der jedes denkbare Gelenk (von Kiefer- bis Sprunggelenk) betroffen war. Mein damaliger Rheumatologe verwies auf komplexe Basistherapie, den Kinderwunsch könne ich vergessen, „ich hätte ja deswegen schon meine Hüften kaputt gehen lassen“. In meiner Verzweiflung wies mich mein Hausarzt in die Rheumaklinik Baden-Baden ein. Dort traf ich auf Kompetenz und Verständnis. Auf den langwierigen Versuch mit den klassischen Basismedikamenten verzichtete man zu Gunsten einer sofort beginnenden Anti-TNF-alpha-Therapie. Das Mittel der Wahl waren Enbrel-Spritzen, die schnell Erfolg brachten. Trotz vielversprechender Meldungen (aus den USA) war es jedoch ein unbekanntes Risiko, unter Enbrel schwanger zu werden. Mein „neuer“ Rheumatologe war auf jeden Fall dagegen und meinte, die Medikamente würden eh zur Unfruchtbarkeit führen. Die Zeit und meine biologische Uhr tickten inzwischen gnadenlos weiter. Ende des Jahres 2007 und nachdem ich die „Spritzerei“ oft auf drei/vier Wochen verzögern konnte, fassten wir neuen Mut und hatten endlich die Courage für das Wagnis „jetzt oder nie mehr“. Der Test war dann im April 2008 positiv. Natürlich war ich aufgrund des Alters risikoschwanger. Das hatte den Vorteil, dass ich eine frauenärztliche Beratung und Betreuung erfahren durfte, die außergewöhnlich intensiv war. Bis auf eine Phase im vierten / fünften Monat benötigte ich keinerlei Antirheumatika – und auch dann wollte ich den Schmerzschub nicht mit Medikamenten bekämpfen, sondern ging erfolgreich zur Akupunktur. Mit näher rückendem Geburtstermin stellte sich die Frage „Spontangeburt“ oder „geplanter Kaiserschnitt“. Wir machten uns die Entscheidung nicht leicht und nahmen Frauenärztin, Klinikärzte und die Hebamme mit ins Boot (mein Rheumatologe hatte sich schon lange mit den Worten „wie konnte denn das passieren?“, „haben Sie denn nicht verhütet?“ und „das soll jetzt alles Ihre Gynäkologin machen!“ aus der Affäre gezogen). Hilfreich standen mir dagegen die Online-Beratung und die Schriftenreihe der DVMB (u.a. Heft 9 „Alters- und geschlechtsspezifische Probleme beim Morbus Bechterew) sowie Frau Prof. Monika Østensen zur Seite

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