Therapeutische Wirksamkeit, biologischer Wirkmechanismus und vergleichende Risikobewertung
herausgegeben vom Radon-Dokumentations- und Informationszentrum (RADIZ) in Bad Schlema
Verlag Dr. Kovac, Hamburg 2005, ISBN 3-8300-1768-5, 111 Seiten.
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Auf dieses Buch werden
viele unserer Leser seit langem gewartet haben. Es war überfällig.
Immer wieder wird in der Presse wegen vermuteter Strahlenrisiken vor der
Radon-Therapie gewarnt, ohne den Nutzen dieser Therapieform für Patienten
mit einer entzündlich-rheumatischen Krankheit dagegenzuhalten. Immer
wieder wird bemängelt, dass der Wirkungsmechanismus der Radon-Therapie
völlig unbekannt ist. Auf beide Fragen gibt das Buch eine kompetente
Antwort.
Hochkarätige Wissenschaftler
haben sich zusammengetan, um auf diesem Gebiet Klarheit zu schaffen: Prof.
Dr. Peter DEETJEN, Prof. Dr. Albrecht FALKENBACH und Dr. Hans JÖCKEL
als anerkannte Radon-Experten unter den Medizinern, Prof. Dr. Dietrich
HARDER als früherer Vorsitzender der deutschen Strahlenschutzkommission,
Prof. Dr. Alexander KAUL als Präsident i. R. des Bundesamts für
Strahlenschutz und Prof. Dr. Henning VON PHILIPSBORN als Experte für
Dosismessungen. Ein ausführliches Literaturverzeichnis unterstreicht
den hohen wissenschaftlichen Rang dieses Buchs.
Wissenschaftliche Studien belegen
die Wirksamkeit der Radontherapie bei Morbus Bechterew für die beiden
Radonstollen in Bad Kreuznach und Bad Gastein (Bechterew-Brief Nr. 72 S.
26–3 und Nr. 88 S. 3–10, Morbus-Bechterew-Journal Nr. 99 S. 23–24), für
andere Krankheiten auch die der Radonbäder.Bei den beiden Studien
zur Wirksamkeit der Radon-Inhalation bei Morbus Bechterew wurden die Patienten
nach dem Zufallsprinzip in Gruppen aufgeteilt, von denen eine Gruppe im
Rahmen einer Rehabilitationsbehandlung auch den jeweiligen Radon-Stollen
aufsuchte. Alle Patienten wurden mit intensiver Physiotherapie behandelt.
Bei der Studie zur Wirksamkeit des Gasteiner Heilstollens (Bechterew-Brief
Nr. 88 S. 3–10) mit niederländischen Patienten bekam die Vergleichsgruppe
in einem niederländischen Kurort eine entsprechende Sauna-Therapie.
Während sich am Ende der Reha-Behandlung
kein wesentlicher Unterschied zwischen den Gruppen mit und ohne Radon-Therapie
zeigte, wurde der Unterschied in den Folgemonaten immer deutlicher: Die
im Radonstollen behandelten Patienten hatten bis zu einem Jahr lang weniger
Schmerzen und kamen mit weniger entzündungshemmenden Medikamenten
aus als ihre ohne Radon behandelten Mitpatienten.
Eine ausführliche Darlegung des
Wirkungsmechanismus bildet den Schwerpunkt des Buchs. Weil dabei der Umgang
mit einschlägigen Fachbegriffen nicht vermieden werden kann, enthält
das Buch einen Anhang, in dem diese Begriffe erläutert werden.
Über den Wirkungsmechanismus
der Radontherapie bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wird
seit langem gerätselt. Vermutet wurde eine hormonelle Umstellung,
insbesondere eine Anregung der körpereigenen Cortison-Produktion.
Bei Versuchen an Zellkulturen war entdeckt worden, dass Strahlung die Bildung
entzündungsfördernder Zytokine (Botenstoffe), insbesondere des
Zytokins Tumor-Nekrose-Faktor alpha (TNF-alpha), hemmt und dadurch den
Übertritt von Entzündungszellen aus dem Blut durch die Gefäßwand
ins Gewebe behindert.
Eine Forschergruppe unter Leitung
von Prof. Dr. Josef SCHWARZMEIER vom Ludwig-Boltzmann-Institut für
Zytokin-Forschung der Universität Wien stellte nun bei 80 Morbus-Bechterew-Patienten,
die im Gasteiner Heilstollen behandelt wurden, einen signifikanten Anstieg
der Konzentration des Zytokins TGF-beta (Transforming growth factor beta,
ins Deutsche übersetzt: umwandelnder Wachstumsfaktor) fest. Dieser
Botenstoff wird von unterschiedlichen Zellen und Geweben (Blutplättchen,
Knochen usw.) gebildet. Er fördert die Wundheilung und die Regeneration
von Muskel- und Nervengeweben und hemmt überschießende Immun-
und Entzündungsreaktionen.
Dazu muss man wissen, dass es ein
ganzes Netzwerk verschiedener Zytokine gibt, mit denen die Zellen untereinander
kommunizieren (Bild 1). Das subtile Gleichgewicht zwischen Immunzellen,
die andere Zellen angreifen, und solchen, die die Immunreaktion dämpfen,
wird auf diese Weise aufrechterhalten. Durch die vom Radon ausgehende Alphastrahlung
werden zusätzliche Zellen in den programmierten Zelltod getrieben,
wie er im Körper laufend stattfindet. Um Reparaturmechanismen anzuregen,
produziert sowohl die absterbende Zelle als auch die Fresszelle, die die
Reste beseitigt, das Zytokin TGF-beta (Bild 2) und verschiebt damit das
Gleichgewicht in Richtung Entzündungsdämpfung. Durch die Radon-Therapie
wird also die Bildung eines natürlichen Gegenspielers des TNF-alpha
angeregt. Im Gegensatz zur Blockierung des TNF-alpha durch Medikamente
werden jedoch entzündungsfördernde Zytokine nicht blockiert,
so dass die Abwehrfunktion intakt bleibt und das Infektionsrisiko im Gegensatz
zur Anti-TNF-alpha-Therapie nicht erhöht wird.
Für die Risikobewertung ist es
wichtig, zu wissen, dass das (hypothetische, nie durch Fakten belegte)
Lungenkrebsrisiko bei der Radonstollen-Therapie nach der pessimistischsten
Rechnung (die hier vorsichtshalber zu Grunde gelegt wird) maximal 0,01%
beträgt. Das Todesrisiko bei einer mehr als zweimonatigen Behandlung
mit nichtsteroidalen Antirheumatika beträgt dagegen 0,1–0,2%, also
10–20 mal so viel (Bechterew-Brief Nr. 50 S. 9–16 und Nr. 88 S. 28–29).
Wer also durch regelmäßige Heilstolleneinfahrten seinen NSAR-Bedarf
reduieren kann, reduziert das Gesamtrisiko und erhöht es keineswegs.
Bleibt zu hoffen, dass nicht nur Ärzte
und Patienten, sondern auch medizinische Gutachter und Journalisten, die
meinen, vor diesem wirksamen Heilmittel warnen zu müssen, dieses wertvolle
Buch zur Kenntnis nehmen.