Aus dem Bechterew-Brief Nr. 93 (Juni 2003)

Entzündliche Wirbelsäulenerkrankungen in den Rheumatologie-Zeitschriften des Jahres 2002

von Prof. Dr. rer. nat. Ernst Feldtkeller, Redaktion Bechterew-Brief, München

Auch das Jahr 2002 war wieder ein guter Jahrgang in der wissenschaftlichen Literatur über die Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew). Neben den verstreut in vielen rheumatologischen Fachzeitschriften erschienenen Aufsätzen erschienen Themenhefte, die sich speziell den Spondyloarthritiden (entzündlichen Wirbelsäulenerkrankungen) widmeten, sowie zwei Spondylitis-ankylosans-Bücher: ein von J. BRAUN und J. SIEPER herausgegebenes Buch für Ärzte in deutscher Sprache (siehe Bechterew-Brief Nr. 91 S. 63) und ein von M. A. KHAN geschriebenes Buch in englischer Sprache für Patienten. Die Zahl der über unsere Krankheit erschienenen Aufsätze erreicht allerdings immer noch bei weitem nicht diejenige zur chronischen Polyarthritis.
Das Literaturregister in meinem Computer, in dem ich die mir wichtig erscheinenden Aufsätze erfasse, enthält inzwischen mehr als 1400 Arbeiten, und die Kopien dieser Aufsätze füllen 10 Leitzordner. Wenn ich mir nicht die Mühe machen würde, jedes mal nach der Rückkehr aus der Bayerischen Staatsbibliothek die einseitig kopierten Arbeiten doppelseitig umzukopieren, wären es schon 20 Ordner, und ich wüsste nicht, wo ich sie unterbringen soll.
Selbstverständlich kann ich auch diesmal aus rund 200 für uns relevanten Artikeln nur eine Auswahl anführen. Die Fundstelle ist jeweils am Schluss angegeben, damit Sie sich bei Bedarf den Originalaufsatz (z.B. in einer Bibliothek per Fernleihe oder Fernkopie) bestellen können. Eine Liste der ausgeschriebenen Titel der abgekürzt zitierten Zeitschriften finden Sie am Ende dieser Literaturübersicht.

Inhalt:

  1. Krankheitsentstehung und Krankheitsmechanismen
  2. Erblichkeit
  3. Spondyloarthritis-Diagnose
  4. Spondyloarthritis-Häufigkeit
  5. Krankheitsverlauf
  6. Methoden zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs
  7. Spondyloarthritis-Therapie
    1. Physikalische Therapieformen,  Kurort-Therapie
    2. Therapie mit Radium-224
    3. Nichtsteroidale Antirheumatika
    4. Langzeit-Antirheumatika
    5. TNF-alpha-Blockade
    6. Orale Toleranz als mögliche Therapieform
    7. Operationen
  8. Patientenschulung und Selbsthilfe
  9. Iritis als Begleiterkrankung
  10. Osteoporose und Wirbelbrüche
  11. Andere Spondyloarthritiden
    1. juvenile Spondyloarthritis
    2. Reaktive Arthritis
    3. Psoriasis-Arthritis
    4. Spondyloarthritis und entzündliche Darmerkrankungen
  12. Arbeitsfähigkeit und Krankheitskosten
  13. Erstattung der Behandlungskosten
  14. Geschichte der Rheuma-Forschung

1. Krankheitsentstehung und Krankheitsmechanismen

Von M. J. TURNER und R. A. COLBERT stammt eine Literaturübersicht des gegenwärtigen Wissensstands über die Entstehungsmechanismen der Spondyloarthritiden.

Curr Opin Rheumatol. 2002 Jul;14(4):367-372

I. OLIVIERI und 8 weitere Autoren berichteten, dass die HLA-B27-Variante HLA-B*2709 auf Sardinien nur bei Gesunden gefunden wurde. Auf dem italienischen Festland wurde es dagegen bei 2 Spondyloarthritis-Patienten gefunden. Auf Sardinien tragen 25% der B27-positiven Einwohner die Variante B*2709, in Italien dagegen nur 3%. Eine neue Untersuchung ergab, dass bei Bewohnern des italienischen Festlands die Variante B*2709 eine Spondyloarthritis begünstigt.

Arthritis Rheum 2002;46:553-554

P. BOWNESS beschrieb das HLA-B27-Molekül als "doppelschneidiges Schwert": Einerseits spielen die HLA-Moleküle in der Immunabwehr eine wichtige Rolle. HLA-B27 ist ein exzellentes Antigenpräsentierendes Molekül bei der Virus-Abwehr. Andererseits kann dieses Molekül beim Zusammentreffen mit anderen Erbanlagen zur Entstehung einer Spondyloarthritis beitragen.

Rheumatology (Oxford) 41(2002)857-868

A. CAULI und 7 weitere Autoren stellten fest, dass die HLA-B27-Moleküle in Spondylitis-ankylosans-Patienten verstärkt ausgeprägt werden. Die verstärkte B27-Expression könnte ein zusätzlicher Risikofaktor für die Erkrankung sein.

Rheumatology (Oxford) 41(2002)1375-1379

J. GU und 14 weitere Autoren (darunter 2 DVMB-Forschungspreisträger) bestätigten durch Beobachtungen an Makrophagen aus der Gelenkflüssigkeit von Spondyloarthritis-Patienten die Hypothese, dass fehlgefaltete Eiweißmoleküle an der Krankheitsentstehung beteiligt sein können (Bechterew-Brief Nr. 92 S. 35).

J Rheumatol 29(2002)2159-2164

C. PACHECO-TENA und 4 weitere Autoren beschrieben die Rolle des angeborenen Immunsystems bei der Infektionsbekämpfung und bei der Krankheitsentstehung (siehe Bechterew-Brief Nr. 92 S. 35).

Curr Opin Rheumatol 14(2002)373-382

W. C. TSAI und 7 weitere Autoren stellten auf Monozyten von Spondylitis-ankylosans-Patienten viele freie schwere Ketten des HLA-B27-Moleküls ohne Mikroglobulin-Stütze fest, mehr als bei Polyarthritis-Patienten oder Gesunden (siehe Bechterew-Brief Nr. 92 S. 36).

J Rheumatol 29(2002)966-972

J. GU und 18 weitere Autoren bestimmten die Gene, die bei Spondyloarthritis-Patienten vermehrt ausgeprägt werden, und kamen zu dem Schluss, dass der C-X-C-Chemokin-Rezeptor Typ 4 und der Stromal cell-derived factor 1 möglicherweise eine entzündungsfördernde Achse bei diesen Krankheiten bildet.

Rheumatology (Oxford) 41(2002)759-766

K. GRANFORD, E. MÄRKER-HERMANN und 4 weitere Autoren fassten die Ergebnisse des 2. Internationalen Spondyloarthritis-Kongresses (2000 in Gent) zusammen: 1) Enzündungsort nicht nur die Gelenk-Innenhaut, sondern auch die Sehnenansätze; 2) HLA-B27 ist das wesentliche Veranlagungs-Gen; 3) Weitere Gene sind nötig, damit sich eine Spondylitis ankylosans entwickelt; 4) Bestimmte Gram-negative Bakterien können eine reaktive Arthritis auslösen (siehe Bechterew-Brief Nr. 84 S. 21–28).

Arthritis Rheum 46(2002)606-613

D. MCGONAGLE und 7 weitere Autoren stellten fest, dass sich der Enthesis- (Sehnenansatz-) Aufbau bei Spondyloarthritis-Patienten von demjenigen bei Gesunden unterscheidet, mit vermehrter Gefäßbildung und vermehrtem Eindringen von Zellen (hauptsächlich Makrophagen, aber auch Lymphozyten). Ödeme (Flüssigkeitseinlagerungen) im enthesis-nahen Weichteilgewebe wurden sowohl bei Spondyloarthritis-Patienten beobachtet als auch bei Patienten mit mechanisch entstandenen Enthesis-Leiden. Stark ausgeprägte Ödeme wurden nur bei B27-positiven Patienten beobachtet (siehe Bechterew-Brief Nr. 91 S. 17–22).

Ann Rheum Dis. 2002 Jun;61(6):534-537 und Arthritis Rheum 2002;46:489-493

M. RUDWALEIT und 7 weitere Berliner Autoren untersuchten die Zytokinmuster der T-Helferzellen (Th) bei Polyarthritis- und Spondylitis-ankylosans-Patienten. Th2-polarisierte Krankheiten (Atopien, z.B. Allergien) sind bei der Th1-polarisierten Polyarthritis seltener, aber bei der Spondylitis ankylosans nur wenig und nicht signifikant erhöht. Eine Neigung zur Atopie bildet also einen gewissen Schutz vor der chronischen Polyarthritis, aber nicht vor der Spondylitis ankylosans.

Ann Rheum Dis 61(2002)968-974

S. STEBBINGS und 10 weitere Autoren stellten fest, dass Spondylitis-ankylosans-Patienten mehr schwefelreduzierende Bakterien im Stuhl haben als Gesunde. Diese Organismen spielen bei der Entstehung entzündlicher Darmerkrankungen eine Rolle.

Rheumatology (Oxford) 41(2002)1395-1401

2. Erblichkeit

M. A. BROWN, B. P. WORDSWORTH und J. D. REVEILLE wiesen in einer Literaturübersicht darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit einer Spondylitis ankylosans zu 97% erblich bedingt ist. Neben dem HLA-B27 wurden weitere Gene innerhalb und außerhalb des auf dem 6. Chromosom liegenden Haupt-Gewebeverträglichkeits-Komplexes gefunden, die (in geringerem Maße) ebenfalls zur Erkrankung beitragen.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28:S43-S49

M. A. KHAN gab einen Überblick über das HLA-B27 und seine Untertypen. Die Gewebeverträglichkeits-Gene einschließlich des HLA-B27 bewirken etwa die Hälfte der erblichen Veranlagung zur Erkrankung. Bei Kindern ohne Symptome ist eine HLA-B27-Bestimmung aus psychologischen und rechtlichen Gründen eher schädlich. Beim Vorliegen spondylitis-ähnlicher Symptome ist die HLA-B27-Bestimmung eine Diagnose-Hilfe.

Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)675-690

M. A. BROWN, A. M. CRANE und B. P. WORDSWORTH geben einen Überblick über die Erblichkeit der Spondylitis ankylosans. Erst jetzt wurde nachgewiesen, dass auch zur Schwere der Erkrankung Erbfaktoren beitragen. Die Gene, die zum Ausmaß der Ankylose beitragen, sind wahrscheinlich andere als die an den Immunprozessen beteiligten und bilden somit interessante Therapieansätze.

Curr Opin Rheumatol 14(2002)354-360

Während A. CALIN und seine Mitarbeiter im Jahr 1993 in einer sporadisch (ohne erkrankte Verwandte) und einer familiär auftretenden Spondylitis ankylosans zwei verschiedene Krankheiten zu erkennen glaubten, stellten M. VAN DER PAARDT und 3 Mitverfasser keinen Unterschied im Krankheitsbild fest.

J Rheumatol 29(2002)2583-2584

R. SAID-NAHAL und 8 weitere Autoren schließen aus ihren Beobachtungen an 70 französischen Familien mit jeweils mehr als einem Spondyloarthritis-Patienten, dass die familiäre Häufung der Spondyloarthritiden nicht nur auf dem gemeinsamen Erbfaktor HLA-B27 beruht, sondern auch auf der Variante HLA-DR-4 des HLA-DR-Moleküls. M. A. BROWN und 2 Mitverfasser bezweifeln das Ergebnis und weisen auf die Unzulässigkeit des verwendeten Auswerteverfahrens hin.

Ann Rheum Dis 61(2002)193-194, 201-206 und 764-765

S. BROPHY, G. TAYLOR und A. CALIN widerlegen den Befund von P. BAUDOIN u. a. aus dem Jahr 2000, dass Erstgeborene häufiger an Spondylitis ankylosans erkranken als Nachgeborene. Auch W. H. JAMES bezweifelt diesen Befund. S. BROPHY, G. TAYLOR und A. CALIN wiederholten gleichzeitig ihre Behauptung von 1999, dass das Erkrankungsalter einer Spondylitis-ankylosans-kranken Mutter das Erkrankungsrisiko ihrer Kinder beeinflusst (ich hatte 2000 in einem Leserbrief darauf hingewiesen, dass diese Beobachtung möglicherweise dadurch vorgetäuscht wurde, dass weibliche Spondylitis-ankylosans-Patienten früher um so seltener als solche diagnostiziert wurden, je weiter man in die Vergangenheit zurückgeht, siehe Bechterew-Brief Nr. 82 S. 14).

J Rheumatol 29(2002)527-529
Arthritis Rheum 45(2002)563-564

3. Spondyloarthritis-Diagnose

J. M. BERTHELOT und 17 weitere Autoren berichten über eine anonyme Umfrage unter Experten zu den ESSG-Kriterien für die Spondyloarthritiden (Bechterew-Brief Nr. 65 S. 18). Diese Kriterien finden überwiegend Zustimmung: 67% benutzen sie in Veröffentlichungen und 52% auch als Diagnosewerkzeug.

Clin Exp Rheumatol 20(2002)145-50

E. M. GOMARIZ und 5 weitere Autoren untersuchten das Potential der ESSG-Klassifikationskriterien als Diagnose-Hilfe. Die Kriterien sind hilfreich, wenn schon vor ihrer Anwendung die Wahrscheinlichkeit einer Spondyloarthritis genügend hoch ist.

J Rheumatol 29(2002)326-330

G. M. LINGG und C. SCHORN geben einen Überblick über die Röntgendiagnostik bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Die konventielle Röntgendiagnostik ist weiterhin bildgebende Basisuntersuchung. Ihr Informationspotential umfasst nicht nur knöcherne Gelenkzerstörungen. Die hochauflösende Computertomographie knöcherner Strukturen kann der definitiven Diagnose dienen und bei der Operationsplanung hilfreich sein, insbesondere in Kreuzdarmbeingelenken, den Gelenken zwischen Brustbein und Schlüsselbein, den großen stammnahen Gelenken und der oberen Halswirbelsäule.

Akt Rheumatol 27(2002)296-305

J. BRAUN und D. VAN DER HEIJDE geben einen Überblick über die Spondyloarthritis-Diagnose mit bildgebenden Verfahren (Röntgen, Computertomographie, Kernspintomographie mit STIR, Szintigraphie). Sie beschreiben, wie sich diese Verfahren auch zur Verlaufsbeurteilung einsetzen lassen, und machen dazu neue Vorschläge.

Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)573-604

Nach K. G. A. HERMANN und M. BOLLOW stellt die Kernspintomographie eine sehr empfindliche, jedoch nicht spezifische Möglichkeit der Frühdiagnose dar. Sie eignet sich auch für die Diagnostik von Beschwerden außerhalb der Wirbelsäule. Besonders geeignet ist sie für eine Beurteilung des Krankheitsverlaufs unter der Therapie mit TNF-alpha-Blockern.

Akt Rheumatol 27(2002)323-331

M. BOLLOW, J. BRAUN und weitere Autoren betonen die Nützlichkeit der kontrastmittelverstärkten Kernspintomographie für die Frühdiagnose der Spondylitis ankylosans. Schon vor dem Auftreten knöcherner Veränderungen (Syndesmophyten) lassen sich aktive Entzündungen in der Wirbelsäule durch Kernspintomographie entweder mit der fett-sättigenden STIR-Technik oder mit Gadolinium-haltigem Kontrastmittel nachweisen.

Clin Exp Rheumatol. 20(2002) Suppl 28 S167-S174 und S178-S184 sowie Akt Rheumatol 2002;27:323-331

P. V. BALINT und 4 Mitautoren fanden bei der Untersuchung von 35 Spondyloarthritis-Patienten ohne Ultraschall 22% der Sehnenansätze in den Beinen und Füßen als nicht gesund. Bei der Ultraschall-Untersuchung waren es 56%. Die Ultraschall-Untersuchung ist also viel empfindlicher.

Ann Rheum Dis. 61(2002)905-910

4. Spondyloarthritis-Häufigkeit

J. BRUGES-ARMAS und 7 weitere Autoren untersuchten die Spondyloarthritis-Häufigkeit auf den Azoren, indem sie 75 Männer und 75 Frauen aus jeder 5-Jahres-Altersgruppe oberhalb von 50 Jahren untersuchten. Sie fanden in 1,6% (2,7% der Männer, 0,4% der Frauen) eine Spondyloarthritis. Nur bei einem der 8 Erkrankten war die Spondyloarthritis bereits vorher diagnostiziert. Die Daten geben erstmals einen Häufigkeits-Schätzwert für eine südeuropäische Bevölkerung und stützen gleichzeitig die Berliner Befunde von BRAUN u. a. aus dem Jahr 1998.

Ann Rheum Dis 61(2002)551-553

E. FELDTKELLER und J. BRAUN antworteten in einem Leserbrief auf einen Artikel von HUKUDA u. a. aus dem Jahre 2001 und wiesen darauf hin, dass klinikbasierte Werte für die Spondyloarthritis-Häufigkeit in Japan nicht mit den Ergebnissen der Berliner Blutspenderstudie verglichen werden dürfen. In Japan beträgt die Spondyloarthritis-Häufigkeit nur etwa  1/20 der Häufigkeit in Europa. Inzwischen schrieb mir Dr. INOUE, der Generalsekretär der japanischen Morbus-Bechterew-Vereinigung, dass die Krankheit in Japan häufig nicht erkannt wird, weil sie dort nahezu unbekannt ist.

J Rheumatol 29(2002)1105-1107

H. HAIBEL, M. RUDWALEIT, J. BRAUN und J. SIEPER weisen darauf hin, dass die Spondyloarthritiden als Krankheitsgruppe nahezu ebenso häufig sind wie die chronische Polyarthritis. Für die Entwicklung der Diagnoseverzögerung zitieren Sie die DVMB-Patientenbefragung (FELDTKELLER, Bechterew-Brief Nr. 69 S. 3-18).

Z Rheumatol 61 (2002) 1, 30-38 und arthritis + rheuma 22(2002)78-86

I. OLIVIERI, C. SALVARANI, A. VAN TUBERGEN und S. VAN DER LINDEN stellten in einem Übersichtsartikel die Häufigkeit der verschiedenen zu den Spondyloarthritiden gehörenden Krankheiten zusammen.

Best Practice & Research Clinical Rheumatology 16(2002)723-739

J. RAUTENSTRAUCH stellte als Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie unter dem Titel „Alte Mythen und neue Therapien“ die Ergebnisse der Pressekonferenz beim Workshop der Regionalen Rheumazentren in Hannover zusammen, bei der ich darauf hinwies, dass Frauen entgegen landläufiger Ansicht ebenso häufig an Spondylitis ankylosans erkranken wie Männer.

Deutsches Ärzteblatt 99(2002)A910-911

5. Krankheitsverlauf

P. GÉHE, T. BENDER, I. RATKÓ und B. GÖMÖR stellten fest, dass bei der Spondylitis ankylosans die Abnahme der Wirbelsäulenbeweglichkeit enger mit der Krankheitsdauer verknüpft ist als mit dem Alter. Sie behaupteten (im Gegensatz zu den Ergebnissen der DVMB-Patientenbefragung, Bechterew-Brief Nr. 74 S. 3-7), der Unterschied im Versteifungsgrad zwischen Männern und Frauen würde nach 20 Krankheitsjahren verschwinden. Allerdings befanden sich in ihrem untersuchten Kollektiv ganze 3 Frauen mit einer Krankheitsdauer von mehr als 20 Jahren, im Vergleich zu 210 bei der DVMB-Studie. Ich habe einen Leserbrief an den Herausgeber der Zeitschrift eingereicht. Der Leserbrief wurde in der "Aktuellen Rheumatologie" nicht abgedruckt, weil die ungarischen Verfasser der Originalarbeit keine Antwort darauf verfasst haben.

Akt Rheumatol 27(2002)22-28.

S. BROPHY und A. CALIN stellten die These auf, dass es bei der Spondylitis ankylosans zweierlei Schübe gibt: Schübe, die auf eine Stelle begrenzt sind und solche, die den ganzen Körper betreffen. Sie äußerten die Hoffnung, eine Untersuchung der Unterschiede könne zum Verständnis des Krankheitsprozesses und zur Schubbekämpfung beitragen.

J Rheumatol 29(2002)954-958

S. BROPHY und 4 weitere Autoren untersuchten die Abhängigkeit des Versteifungsgrads (des BASRI, siehe Bechterew-Brief Nr. 88 S. 20–21) von der Krankheitsdauer. Eine Rückwärts-Extrapolation ergibt, dass der Versteifungsprozess im Mittel schon im Alter von 8 Jahren zu beginnen scheint, 15 Jahre vor den ersten Beschwerden. Bei 25% der Patienten sind die Hüftgelenke mitbeteiligt. Bei ihnen schreitet auch die Wirbelsäulenversteifung im Mittel schneller fort.

J Rheumatol. 29(2002)1236-1243

L. CERRAHOGLU und 4 weitere Autoren fanden keinen Zusammenhang zwischen der Lungenfunktion und der Beteiligung der Rippenwirbelgelenke. Patienten mit einer steiferen Wirbelsäule hatten dagegen schlechtere Lungenfunktionswerte.

Clin Rheumatol. 21(2002)275-279

6. Methoden zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs

A. M. VAN TUBERGEN und 7 weitere Autoren bezeichneten Müdigkeit als eines der Hauptsymptome der Spondylitis ankylosans. Sie kann durch eine Einzelfrage wie im BASDAI (Messverfahren zur Beurteilung des Krankheitsverlaufs) bestimmt werden. Ein umfangreicherer Fragebogen, das „Multidimensional Fatigue Inventory“ ermöglicht aber eine tiefere Einsicht.

Arthritis Rheum 47(2002)8-16

K. L. HAYWOOD und 4 weitere Autoren verglichen vier spondylitis-ankylosans-spezifische Fragebögen zur Erfassung der Krankheitsaktivität. Der BASDAI und der ASQoL reagieren am besten auf selbst empfundene Änderungen des Gesundheitszustands. Der BASDAI wird aber am häufigsten unvollständig ausgefüllt.

Rheumatology (Oxford) 41(2002)1295-1302

Nach S. EYRES und 4 weiteren Autoren ergeben sowohl der  BASFI als auch der revidierte Leeds Disability Questionnaire Werte, die zur Beurteilung der Krankheitsschwere durch den Patienten passen. Beide sind jedoch nicht geeignet, um Intervalle zu messen, denn sie enthalten Schwellen mit selten angegebenen Werten.

J Rheumatol. 29(2002)979-986

A. FALKENBACH, A. FRANKE, A. VAN TUBERGEN und S. VAN DER LINDEN veröffentlichten eine zweite deutsche Übersetzung des BASFI, die von der validierten und durch die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie veröffentlichten Übersetzung (Bechterew-Brief Nr. 88 S. 18) abweicht. Sie enthält deutliche Übersetzungsschwächen ("Können Sie ohne Hilfe ein Bücherregal heraufreichen?"). Die Altersabhängigkeit des BASFI korreliert gut mit derjenigen des Health Assessment Questionnaire for the Spondyloarthropathies. Der BASFI ist also auch für ältere Spondylitis-ankylosans-Patienten geeignet.

Am J Phys Med Rehabil. 81(2002)416-420

S. HEIKKILÄ stellte fest, dass der Dougados-Funktions-Index mit 5 Antwortmöglichkeiten für jede Frage (wie von ROUF et al 1999 vorgeschlagen) empfindlich genug ist, um die Wirkung intensiver Physiotherapie und Bewegungsübungen nachzuweisen.

Clin Exp Rheumatol. 20(2002)689-692

S. HEIKKILÄ, J. V. VIITANEN, H. KAUTIAINEN  und M. KAUPPI verfolgten die Verschlechterung der Funktionsfähigkeit und des Gesundheitszustands mit vielen verfügbaren Messmethoden (BASDAI, BASFI, DFI, HAQ-S, BAS-G, Stiffness-VAS) über 3 Jahre bei 65 Spondyloarthritis-Patienten, die auch angeben sollten, wenn etwas Besonderes den Krankheitsverlauf beeinflusst haben könnte. Es zeigte sich, dass es sehr schwierig ist, die Wirksamkeit einer bestimmten Behandlungsmethode auf diese Weise nachzuweisen, da gleichzeitig viele andere Einflüsse den mehrjährigen Verlauf beeinflussen können.

Clin Rheumatol. 21(2002)119-122

A. VAN TUBERGEN und 8 weitere Autoren stellten fest, dass beim BASDAI, BASFI oder DFI zwar im Einzelfall große Unterschiede zwischen Antworten auf einer Analogskala (Linie ohne Markierungen) und einer numerischen Skala gefunden werden, dass die Gesamtergebnisse aber gut übereinstimmen. Statt der originalen Analogskala kann also auch eine numerische Skala verwendet werden.

Arthritis Rheum. 47(2002)242-248

A. SPOORENBERG und 7 weitere Autoren stellten fest, dass Ärzte in einem höheren Anteil der Patienten geschwollene Gelenke fanden als die Patienten selbst. Die Feststellung der Zahl befallener Gelenke durch den Arzt kann also nicht durch eine vom Patienten berichtete Zählung ersetzt werden. Patienten können nur zuverlässig angeben, dass ihre Gelenke nicht geschwollen sind.

Ann Rheum Dis. 61(2002)799-803

7. Spondyloarthritis-Therapie

M. A. KHAN gab eine Literaturübersicht über die Therapie der Spondyloarthritiden: Zur Therapie gehören neben Medikamenten (NSAR) vor allem Bewegungsübungen (die Gruppentherapie wird im allgemeinen zu wenig eingesetzt), Hilfsmittel (Spiegel und Kopfstützen beim Autofahren), ein modifizierter Lebensstil (nicht rauchen, Vorbeugung gegen Unfälle) und die Patientenschulung. An neuen Medikamenten gibt es die TNF-alpha-Blockade und Therapieansätze mit Pamidronat, Thalidomid und Bisphosphonaten.

Ann Intern Med. 136(2002)896-907

A. FALKENBACH, J. TOENNEMANN und E. MUR fragten 150 Spondylitis-ankylosans-Patienten, welche konventionellen und unkonventionellen Maßnahmen zur Beeinflussung der Erkrankung sie beibehalten und welche sie wieder aufgegeben haben. Zu den beibehaltenen Methoden gehören Psychotraining, Wechselduschen, warmes Klima, Vitamintabletten, Verdrängen, Selbsthilfevereinigung, Wasseradern meiden, Bettabschirmung, Muskelaufbau, Baden im Meer, Radon und autogenes Training. Die Verfasser wundern sich, dass Bewegungsübungen und Medikamente nicht genannt wurden.

Z Rheumatol 61(2002)271-278

Von E. FELDTKELLER stammt ein Artikel in der Zeitschrift „Naturheilpraxis“ (Heft 5/2002 S. 706-710) mit der Überschrift „Spondylitis-ankylosans-Therapie im Wandel“. Er beschreibt eine 4000 Jahre alte ägyptische Rezeptsammlung gegen „Versteifung und Verkrümmung“ (Bechterew-Brief Nr. 91 S. 38–40), frühe Krankheitsbeschreibungen und veränderte Diagnose-Methoden und als heutige Therapieformen die TNF-alpha-Blockade und die Neurokognitive Therapie. Er wurde vom Herausgeber der Zeitschrift eingeladen, dort einen Beitrag zu veröffentlichen, nachdem er einen Artikel über den Morbus Bechterew voller Fehler und Missverständnisse kritisiert hatte.

Naturheilpraxis 12/2002:1773-1777

M. A. KHAN gab einen Überblick über die Geschichte der Spondylitis-ankylosans-Therapie im 20. Jahrhundert. Die 1930 durch Forestier eingeführte Therapie mit Goldsalzen war bei der chronischen Polyarthritis ein großer Erfolg, aber bei der Spondylitis ankylosans, die damals als Polyarthritis-Variante angesehen wurde, verliefen die Versuche enttäuschend. 1936 berichtete Forestier über Erfolge mit Thorium X (ich machte Prof. Khan darauf aufmerksam, dass dessen Einsatz bei der Spondylitis ankylosans schon 1913 von Bickel vorgeschlagen wurde). In Europa wird die Spondylitis ankylosans in Heilbädern mit Radon behandelt. In Deutschland ist das Radium-224 wieder kommerziell erhältlich (siehe Kapitel 7.b). Neue Therapieversuche gibt es mit der TNF-Blockade, mit Pamidronat und Thalidomid.

Clin Exp Rheumatol. 20(2002) Suppl 28:S3-5

7.a Physikalische Therapieformen, Kurort-Therapie

S VAN DER LINDEN, A. VAN TUBERGEN und A. HIDDING schrieben in einem Übersichtsartikel, dass man allmählich weiß, welche krankengymnastischen Praktiken bei Spondylitis ankylosans hilfreich sind und welche weniger. Die verfügbaren Daten stützen die Nützlichkeit der Physiotherapie, insbesondere regelmäßiger Bewegungsübungen und der Kurort-Therapie. Neben der Einzelgymnastik sind (sportliche oder spondylitis-ankylosans-spezifische) Bewegung, die Gruppentherapie und Rehabilitationsaufenthalte zu empfehlen.

Clin Exp Rheumatol 20(2002)Suppl 28:S60-S64 und Best Pract Res Clin Rheumatol. 16(2002)653-666

S. SWEENEY, G. TAYLOR und A. CALIN berichten über ein Behandlungspaket ihrer Klinik in Bath (England) für zuhause, das den Patienten per Post zugeschickt wird: Ein Übungs-Video, eine Patientenschulungsbroschüre und ein Übungsposter mit Erinnerungssticker (vgl. das entsprechende von der DVMB angebotene Paket der Rheumaklinik Oberammergau). Die Maßnahme verbessert die Übungs-Eigenverantwortlichkeit und den BASFI.

J Rheumatol 29(2002)763-766

B. SUNDSTRÖM, H. EKERGÅRD und G. SUNDELIN untersuchten die Übungsgewohnheiten von Spondylitis-ankylosans-Patienten. Die Mehrzahl der Patienten gab an, dass sie Übungen durchführen, wenn auch meist zu selten. Die am meisten genannte Übung war Walking (siehe Bechterew-Brief Nr. 88 S. 22 und Nr. 90 S. 77–78). Übungen im Wasser wurden als wirksamer gegen die Symptome empfunden als andere Übungen und machten außerdem am meisten Spaß. Der häufigste Hinderungsgrund war Zeitmangel, gefolgt von Müdigkeit.

Scand J Rheumatol 31(2002)163-167

F. ROEDEL und 8 weitere Autoren weisen auf die bekannte entzündungshemmende Wirkung niedrig-dosierter Strahlung hin, deren Wirkungsmechanismus noch ungeklärt ist. Sie beobachteten ein Minimum der Adhäsion mononuklearer Blutzellen an den Wandzellen der Blutgefäße nach Bestrahlung mit 0,3–0,7 Gray. Dies beruht offensichtlich auf der Expression (Ausprägung) von Transforming Growth Factor beta und Interleukin-6, die in diesem Dosis-Bereich ein Maximum besitzt.

Int J Radiat Biol 78(2002)711-719

In Ergänzung zur Untersuchung der Wirksamkeit des Gasteiner Heilstollens (Bechterew-Brief Nr. 88 S. 3–10) untersuchten A. VAN TUBERGEN und 6 weitere Autoren die Kostenwirksamkeit der Behandlung im Heilstollen im Vergleich zu anderen Therapieformen. 111 Spondylitis-ankylosans-Patienten aus den 3 Gruppen, die im Gasteiner Tal, im holländischen Kurort Arcen und ambulant zuhause behandelt wurden, führten 40 Wochen lang Buch über Arbeitsunfähigkeitstage und ihre Teilnahme an der Gruppentherapie. Der Unterschied im BASFI zwischen der Gastein-Gruppe und der zuhause behandelten Vergleichsgruppe betrug 1,0, zwischen der in Arcen behandelten und der Vergleichsgruppe 0,6. Die gesamten Behandlungskosten betrugen in der Gasteingruppe 3023 Euro pro Patient, in der Arcengruppe 3240 Euro/Patient, und in der Vergleichsgruppe 1754 Euro/Patient. Das Kosten /Nutzen-Verhältnis betrug also in der Gasteingruppe 1269 Euro pro gewonnene Beweglichkeits-Einheit und in der Arcengruppe 2477. Das Nutzen/Kosten-Verhältnis ist mit Heilstollen etwa doppelt so hoch wie ohne Radon.

Arthritis Rheum. 47(2002)459-467

A. VAN TUBERGEN und S. VAN DER LINDEN berichten  über die Geschichte der Kurort-Therapie von der griechischen Antike bis heute.

Ann Rheum Dis 61(2002)273-275

P. J. HASHKES berichtete, dass 57% der Polyarthritis-Patienten und 60% der Spondylitis-ankylosans-Patienten auf eine Behandlung in den Thermalquellen in Tiberias am See Genezareth (Israel) ansprachen, vorzugsweise Patienten mit kürzerer Krankheitsdauer und höherer Krankheitsaktivität.

Scand J Rheumatol 31(2002)172-177

7.b Therapie mit Radium-224

C. TIEPOLT, T. GRUNNING und W. G. FRANKE berichten über die Renaissance der Spondylitis-ankylosans-Therapie mit Radium-224. 12 der 20 Patienten ihrer Studie gaben 3 und 6 Monate nach der Behandlung subjektiv eine Besserung an und konnten auch die NSAR-Einnahme reduzieren oder beenden. Das Ergebnis korreliert mit Laborwerten und dem BASFI. Es wurden nur geringe Nebenwirkungen beobachtet. Die Ra-224 Therapie ist also eine wirksame und sichere Therapiemethode.

Nucl Med Commun 23(2002)61-66

Auch D. SANDROCK berichtete über die Spondylitis-ankylosans-Therapie mit Radium-224. Der durchführende Arzt muss Nuklearmediziner sein und eine Umgangsgenehmigung für die genutzten Nuklide besitzen. Die Therapien werden daher im Regelfall in nuklear-medizinischen Kliniken oder Praxen durchgeführt.

Z Rheumatol 61(2002)487-488

7.c Nichtsteroidale Antirheumatika

C. MICELI-RICHARD und M. DOUGADOS geben eine Übersicht über die Spondylitis-ankylosans-Therapie mit nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR). Diese Medikamente wirken nur vorübergehend, sind aber wegen ihrer raschen Wirksamkeit die 1. Wahl bei der Spondylitis-ankylosans-Behandlung. Der Zusammenhang zwischen der NSAR-Einnahme und dem Langzeit-Krankheitsverlauf ist leider unbekannt. Deshalb und wegen der Magen-Darm-Nebenwirkungen ist eine unregelmäßige Einnahme nach Bedarf zu bevorzugen. Manche Patienten werden jedoch durch NSAR nur ungenügend von Schmerzen und Entzündung befreit.

Clin Exp Rheumatol 20(2002)Suppl 28:S65-66

J. J. OFMAN und 6 weitere Autoren fassten 16 placebo-kontrollierte NSAR-Studien mit insgesamt 4431 Patienten (750 000 Personenjahren) zu einer Metaanalyse zusammen. Bei 0,2% der Patienten traten Magendurchbrüche, Geschwüre oder Blutungen auf.

J Rheumatol 29(2002)804-812

M. C. STURKENBOOM und 8 weitere Autoren untersuchten die Folgen von 660 000 NSAR-Verschreibungen in Italien. Zu den Therapiekosten von 0,53 Euro/Behandlungstag kamen weitere 0,31 Euro (58%) für die Behandlung der Magen-Darm-Nebenwirkungen hinzu. Bei 12,4% der Patienten war eine Behandlung von Nebenwirkungen notwendig. Von den Zusatzkosten fallen 79% auf die Mitverschreibung von Magenschutzmedikamenten bei älteren Patienten oder Patienten mit Magen-Darm-Krankheiten in der Vorgeschichte. Die Zusatzkosten behandlungsbedingter Nebenwirkungen unterschieden sich nicht zwischen COX-2-selektiven und nichtselektiven NSAR, waren aber bei parenteralen (nicht durch den Mund eingenommenen) NSAR signifikant höher als bei oralen NSAR.

Arthritis Rheum 47(2002)132-140

M. M. WARD und S. KUZIS berichteten, dass die Häufigkeit von Nebenwirkungen bei der Spondylitis-ankylosans-Therapie mit NSAR oder Langzeit-Antirheumatika von 6,7% (Ibuprofen) bis 47% (Methotrexat) reicht und die Häufigkeit eines Therapieabbruchs wegen der Nebenwirkungen von 2% (Ibuprofen) bis 23,5% (Piroxicam). Die mittlere Zeit bis zum Therapieabbruch aus beliebigem Grund unterschied sich nicht zwischen den NSAR und auch nicht zwischen Sulfasalazin und Methotrexat, aber der Abbruch wegen Nebenwirkungen erfolgte bei Piroxicam früher als bei anderen NSAR.

Arthritis Rheum. 47(2002):234–241

P. JÜNI, A. W. S. RUTJES und P. A. DIEPPE wiesen darauf hin, dass die Häufigkeit von Magengeschwüren bei der Einnahme von COX-2-selektiven Antirheumatika nur im ersten Halbjahr der Therapie kleiner ist als bei herkömmlichen NSAR (Bechterew-Brief Nr. 92 S. 26–27).

BMJ 324(2002)1287–1288 mit Korrektur in S. 1538

H. SCHMIDT und G. GEISSLINGER stellten fest, dass ein genereller Einsatz von COX-2-selektiven Antirheumatika nicht gerechtfertigt ist. In jüngster Zeit häuften sich Vermutungen über Risiken im Bereich der Herzkrankgefäße, so dass es von der individuellen Veranlagung abhängt, welches Medikament für einen bestimmten Patienten von Vorteil ist. Auf der anderen Seite deuten sich weitere Indikationen für selektive COX-2-Hemmer an, z.B. gegen Schleimhautpolypen und möglicherweise auch gegen Brust-, Magen- und Darm-Krebs und vielleicht auch gegen die Alzheimer-Krankheit. Genaueres müssen künftige Studien zeigen. Der Artikel wird ergänzt durch weitere Artikel von K. KRÜGER und von S. REITER zum Nutzen und Risiko COX-2-selektiver Antirheumatika.

Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 45(2002)692-714

S. REITER und W. BOLTEN berichteten für die Kommission Pharmakotherapie der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie über topische (örtlich, z.B. als Salben verabreichte) nichtsteroidale Antirheumatika. Sie können unter dem Aspekt der Nutzen/Risiko-Bewertung Vorteile gegenüber der oralen Anwendung aufweisen, da systemische (an anderer Stelle im Körper auftretende) Nebenwirkungen seltener sind.

Z Rheumatol 61(2002)701-702

7.d Langzeit-Antirheumatika und Corticosteroide

W. P. MAKSYMOWYCH, M. BREBAN und J. BRAUN sowie I. E. VAN DER HORST-BRUINSMA und 2 weitere Verfasser berichten in zwei Übersichtsarbeiten, dass die Wirkung krankheitsmodifizierender Medikamente (früher „Basismedikamente“) bei der Spondylitis ankylosans weniger eindrucksvoll ist als bei anderen rheumatischen Krankheiten wie der Polyarthritis. Sulfasalazin zeigt eine gewisse Besserung der Krankheitsaktivität, vor allem bei Patienten mit peripherer Gelenkbeteiligung. Andere Medikamente wie Leflunomid oder Thalidomid müssen noch genauer untersucht werden.

Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)619–630 und Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28:S67-70

Auch J. BRAUN und J. SIEPER weisen darauf hin, dass es Anhaltspunkte für die Wirksamkeit von Sulfasalazin bei den Spondyloarthritiden gibt, in erster Linie bei Beschwerden außerhalb der Wirbelsäule. Patienten mit langer Krankheitsdauer ohne periphere Gelenkbeteiligung profitieren wenig, aber eine Untergruppe scheint eine Besserung der Morgensteifigkeit zu verspüren. Es gibt begrenzte Hinweise darauf, dass bei kürzerer Krankheitsdauer auch Wirbelsäulensymptome gebessert werden. Für eine fundierte Einschätzung müssen aber kommende Studienergebnisse abgewartet werden.

Z Rheumatol 61(2002)151–158

B. ROYCHOWDHURY und 5 weitere Autoren berichten in einem Leserbrief, dass sie für Methotrexat bei Spondylitis ankylosans keinen signifikanten Vorteil gegenüber Placebo fanden.

Rheumatology (Oxford) 41(2002)1330–1332

H. HAIBEL, J. BRAUN und W. P. MAKSYMOWYCH berichten, dass Pamidronat (ein zu den Bisphosphonaten gehörendes Medikament) eine entzündungshemmende Wirkung zu besitzen scheint. Es erwies sich bei 60% der Spondyloarthritis-Patienten als wirksam. Die verzögerte Wirkung macht eine Behandlung über mindestens 6 Monate erforderlich. MAKSYMOWYCH und 11 weitere Autoren stellten fest, dass eine Besserung der BASDAI-Werte  um mehr als 25% bei 60 mg Pamidronat häufiger ist als bei 10 mg.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28:S162–166 und Arthritis Rheum 46(2002)766-773

F. HUANG und weitere Autoren berichteten, dass Thalidomid trotz möglicher Nebenwirkungen (Nervenleiden, Missbildungen bei Embryonen) in jüngster Zeit zur Therapie der Spondylitis ankylosans eingesetzt wurde. Bei 68% der mehr als 50 Patienten trat eine Besserung ein. Die Abbruchquote betrug 19%. In einer weiteren Studie wurden 9 von 26 behandelten Patienten schmerzfrei.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28:S158-161 und Arthritis Rheum 47(2002)249-254

7.e TNF-alpha-Blocker

Zur Therapie der Spondylitis ankylosans mit diesen neuen teuren Medikamenten erschien auch 2002 wieder eine besonders große Zahl von Veröffentlichungen, von denen hier nur einige herausgegriffen seien:

J. BRAUN und 13 weitere Autoren stellten in einer viel beachteten Studie fest, dass sich von 34 Patienten mit einer aktiven Spondylitis ankylosans, die über 12 Wochen mit Infliximab behandelt wurden, bei 53% eine mindestens 50%ige Besserung einstellte, während dies in der Placebo-Gruppe nur bei 9% der Fall war.

Lancet 2002;359:1187-1193

C. ANTONI und J. BRAUN sowie J. BRANDT, J. SIEPER und J. BRAUN gaben einen Überblick über die Erfahrungen mit der Anti-TNF-alpha-Therapie: Es wurde keine erhöhte Sterblichkeit beobachtet, aber Tuberkulose in bis zu 0,1‰ der Behandelten, sowie Nebenwirkungen im Nervensystem und im Herzen. 64 Lymphome bei 270 000 Infliximab-Patienten liegen noch im erwarteten Bereich. Eine endgültige Beurteilung des Risikos ist erst in einigen Jahren möglich.

Z. Rheumatol 61(2002)464-465 sowie Clin Exp Rheumatol. 20(2002) Suppl28: S.106-110 und S.152-157

J. BRANDT und 4 weitere Autoren behandelten 6 Patienten mit einer undifferenzierten Spondyloarthritis (häufig eine Frühform der Spondylitis ankylosans) mit 3 bzw. 5 mg/kg Infliximab. Bei 5 der 6 Patienten trat innerhalb eines Tages nach der 1. Injektion eine Besserung ein. Bei allen mit 5 mg/kg behandelten Patienten besserte sich der BASDAI, der BASFI und weitere Verlaufsparameter um mindestens 50%.

J Rheumatology 29(2002)118-122

S. SCHNARR, J. G. KUIPERS und H. ZEIDLER fassten die Ergebnisse weiterer Studien zur Behandlung der undifferenzierten Spondyloarthritis mit TNF-alpha-blockierenden Medikamenten zusammen.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28: S.126-129

E. DEMIS, C. ROUX, M. BREBAN und M. DOUGADOS berichten über eine signifikante Erhöhung der Knochendichte sowohl in der Wirbelsäule als auch in der Hüfte unter einer Anti-TNF-alpha-Therapie innerhalb von 6 Monaten.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28: S.185-186

B. MANGER gibt die überarbeiteten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie zur Therapie mit TNF-alpha-hemmenden Wirkstoffen bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wieder. Eine Spondylitis ankylosans sollte mindestens ½ Jahr bestehen, der BASDAI sollte über mindestens 2 Monate größer als 4 sein, unter mindestens 2 nacheinander verabreichten maximal dosierten NSAR sollten weiterhin erhöhte Entzündungsparameter dokumentiert sein.

Z Rheumatol 61(2002)694-697 in Anlehnung an Ann Rheum Dis 61(2002)Suppl II: ii2-ii7

Weitere Aufsätze zur Spondylitis-ankylosans-Behandlung mit TNF-alpha-hemmenden Medikamenten finden sich unter anderem in folgenden Zeitschriften:

7.f Orale Toleranz als mögliche Therapieform

G. WILDNER und S. R. THURAU  zeigten im Tierversuch, dass der für die Uveitis gefundene Entstehungsmechanismus der „molekularen Mimikry“ auch für therapeutische Ansätze genutzt werden kann. Da dieser Mechanismus auch für die Spondylitis ankylosans diskutiert wird, könnte ein vom HLA-B27 abgeleitetes Peptid ein potentieller Kandidat für eine Therapie durch orale Toleranzinduktion sein (siehe auch Bechterew-Brief Nr. 84 S. 9-12).

Immunologie aktuell 2(2002)219-221

7.g Operationen

H. EL SAGHIR und H. BÖHM sowie M. SZPALSKI und R. GUNZBURG verfassten Übersichtsartikel über Wirbelsäulenoperationen bei Spondylitis ankylosans. Eine solche Operation ist nötig bei zu starker Einschränkung des Gesichtsfelds, bei Atem- oder Kieferproblemen oder bei unstabilen Frakturen. Sie kann nur durch ein Team mit großer Erfahrung auf diesem Gebiet durchgeführt werden. Fortschritte in der Operationstechnik (bessere Instrumentationssysteme, verbesserte Navigation während der Operation, Rückenmarküberwachung und ergänzende endoskopische Operationstechniken von vorne) führten zu weniger Komplikationen und einer besseren Lebensqualität nach der Operation. Neurologische Komplikationen traten bei 7 von 50 operierten Patienten auf und waren bei 5 davon vollständig reversibel.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28:S101-105 und Best Practice & Research Clinical Rheumatology 16(2002)141-154

8. Patientenschulung und Selbsthilfe

I. EHLEBRACHT-KÖNIG und A. BÖNISCH gaben als gleichwertige Ziele der Patientenschulung die Informationsvermittlung, die Förderung der praktischen Kompetenz im Alltag, die emotionale Stützung und Motivierung, die Förderung der Krankheitsakzeptanz und die Angstbewältigung an (siehe auch Bechterew-Brief Nr. 92 S. 3-12).

Z Rheumatol 61(2002)39-47

E. FELDTKELLER nannte in einem Übersichtsartikel als Nutzen von Spondylitis-ankylosans-Selbsthilfeorganisationen die gemeinsame Gruppentherapie, den Erfahrungsaustausch, die Informationsvermittlung in Vorträgen und Druckschriften, die soziale Stützung und Kompetenz sowie Beiträge zur Forschung. Eine Tabelle zeigt die Mitglieder- und Therapiegruppenzahlen im internationalen Vergleich.

Best Practice Res Clin Rheumatol 16(2002) 667-673

M. M. GORDON und R. MADHOK stellten fest, dass ¼ der Patienten ihrer Klinik in den vergangenen 12 Monaten im Internet nach medizinischer Information gesucht hatten. Fast ein Drittel der Patienten fand dies leichter, als einen Arzt oder Therapeuten zu fragen.

Rheumatology (Oxford) 41(2002)1402-1405

9. Iritis als Begleiterkrankung

M. HUHTINEN und 8 weitere Autoren stellten fest, dass bei Spondylitis-ankylosans-Patienten mit häufig wiederkehrender Iritis die Häufigkeit und Menge einzelner Mikroben-Antikörper im Vergleich zu Patienten mit keinem oder nur wenigen Iritis-Attacken signifikant erhöht ist. Dies könnte ein Zeichen wiederholter Infektionen sein oder Zeichen eines Überdauerns solcher Antigene oder einer verstärkten angeborenen Immunabwehr.

Ann Rheum Dis 61(2002)1012-1016

Nach J. T. ROSENBAUM und J. R. SMITH verschwindet eine Iritis/Uveitis als Begleiterkrankung der Spondylitis ankylosans in den meisten Fällen innerhalb einiger Wochen unter der Behandlung mit Corticosteroiden und pupillenerweiternden Augentropfen, ohne dass eine weitere Behandlung nötig ist. Bei einem kleinen Prozentsatz der Patienten mit Morbus Crohn oder Psoriasis-Arthritis ist die Uveitis jedoch stärker therapieresistent, gelegentlich auch bei Patienten mit Spondylitis ankylosans oder reaktiver Arthritis. In Frage kommt dann eine Anti-TNF-alpha-Therapie. Erfolgreiche Versuche gibt es auch mit einem Antikörper gegen den Interleukin-2-Rezeptor oder gegen das Pan-Lymphozyten-Antigen CD 52. In einer zweiten Übersichtsarbeit berichteten dieselben Verfasser auch über eine lokale Gabe von immunsuppressiven Medikamenten (Azathioprin, Methotrexat, Cyclosporin) direkt ins Auge. Zur Vorbeugung gegen eine häufig wiederkehrende Iritis kommt Sulfasalazin in Frage.

Clin Exp Rheumatol. 20(2002)Suppl 28:S143-145 und Arthritis Rheum 46(2002)309-318

E. KRUITHOF und 7 weitere Autoren berichteten über einen Spondyloarthritis-Patienten mit häufig wiederkehrender Uveitis, bei dem Sulfasalazin und Cyclosporin nicht wirksam halfen. Nach der Behandlung mit Infliximab hatte der Patient keine Corticoid-Behandlung mehr nötig.

Ann Rheum Dis 61(2002)470

Y. EL-SHABRAWI und J. HERMANN berichteten ebenfalls über die erfolgreiche Behandlung einer HLA-B27-assoziierten Uveitis, die auf andere Medikamente nicht ansprach, durch ein TNF-alpha-blockierendes Medikament.

Arthritis Rheum 46(2002)2821-2824

10. Osteoporose und Wirbelbrüche

U. LANGE gab eine Übersicht über die Osteoporose als Begleitsymptom zur Spondylitis ankylosans. Eine patientenverständliche Fassung dieses Artikels ist im Bechterew-Brief Nr. 93 S. 3-7 abgedruckt.

Akt Rheumatol 27(2002)147-151

Nach J. T. LIN und J. M. LANE spielt die nichtmedikamentöse Therapie der Osteoporose und ihrer Komplikationen eine zunehmende Rolle. Sie besteht in Bewegungsübungen und evtl. dem Tragen von Stützkorsetts und Hüftschutzmitteln. Zur Behandlung von Frakturen kommt die Vertebroplastie in Frage (siehe Bechterew-Brief Nr. 89 S. 83-84).

Curr Opin Rheumatol 14(2002)441-446

J. GRISAR und 11 weitere Autoren stellten fest, dass bei allen Spondyloarthritiden die Knochensubstanz vermehrt abgebaut wird, aber nur bei der Spondylitis ankylosans zu wenig aufgebaut wird. Dies hat eine Abnahme der Knochenmineraldichte bei Spondylitis-ankylosans-Patienten zur Folge.

J Rheumatol 29(2002)1430-1436

C. H. TURNER stellte fest, dass eine Osteoporose-Therapie mit Bisphosphonaten zwar die Knochenmineralisation verstärkt, aber den Knochenumsatz reduziert und damit die Reparatur von Mikroschäden behindert. Dadurch kann die Knochenbrüchigkeit erhöht werden. Die Therapie bewirkt einen dosisabhängigen Anstieg der Knochendichte ohne dosisabhängige Abnahme der Häufigkeit von Wirbelsäulenfrakturen.

Osteoporosis Int 13(2002)97-104

H. ALARANTA, S. LUOTO und Y. T. KONTTINEN berichten, dass bei Spondylitis-ankylosans-Patienten die Häufigkeit von Rückenmarkverletzungen 11 mal so groß ist wie in der Normalbevölkerung. Bei 53% der verletzten Spondylitis-ankylosans-Patienten ist Ausrutschen die Ursache, aber nur bei 7% der Verletzten ohne Spondylitis ankylosans. Empfohlene Vorbeugemaßnahmen sind unter anderem das Meiden rutschiger Böden, loser Teppiche, übermäßigen Alkoholgenusses und unfallträchtiger Sportarten. Eine patientenverständliche deutsche Version dieses Artikels ist im Bechterew-Brief Nr. 93 S. 12-15 abgedruckt.

Clin Exp Rheumatol 20(2002)66-68

11. Andere Spondyloarthritiden

M. DOUGADOS und M. C. HOCHBERG wiesen darauf hin, dass die Zusammenfassung der Spondyloarthritiden zu einer Krankheitsgruppe nicht nur für die Forschung wichtig ist. Es ist auch für die tägliche Praxis wichtig, denn 1. ermöglicht es eine frühere Diagnose, 2. erleichtert es die Patientenschulung, und 3. hat es Konsequenzen für die Vorhersage des möglichen Krankheitsverlaufs.

Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)495-505

11.a juvenile Spondyloarthritis

H TRUCKENBRODT und R. HÄFNER geben in zwei Beiträgen einen Überblick über die Nomenklatur und Klassifikation der chronischen Arthritis im Kindesalter, über diagnostische Kriterien ("Kategorien") und über häufige Verlaufsformen (siehe Bechterew-Brief Nr. 89 S. 3-7).

Akt Rheumatol 27(2002)13-17 und 18-21

R. BURGOS-VARGAS, C. PACHECO-TENA und J. VAZQUEZ-MELLADO weisen darauf hin, dass bei der juvenilen Spondyloarthritis die Krankheitsaktivität einen signifikanten Trend zur Enthesis und Fußbeteiligung zeigt. Die Mittelfußbeteiligung (Tarsitis, bei 88% beobachtet) stellt offensichtlich die charakteristischste und potentiell schwerste Form der Krankheit bei junge Patienten dar, während sich Sakroiliitis und Spondylitis oft erst später entwickeln.

Clin Exp Rheumatol 20(2002)727-731 und Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)551-572

Nach G. HOMEFF und R. BURGOS-VARGAS haben NSAR, Corticosteroide, Sulfasalazin und Methotrexat bei der juvenilen Spondyloarthritis oft nur eine begrenzte Wirkung. Etanercept erwies sich als sehr wirksam. Ohne weitere Studien können jedoch keine Empfehlungen bezüglich Indikation, Dosierung, Abstände und Dauer der Behandlung gegeben werden. Eine Therapie mit anderen Biopharmaka (Infliximab, Antikörper gegen IL-6 usw.) gilt als experimentell.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28:S137-142 und Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 45(2002)684-691

11.b Reaktive Arthritis

J. G. KUIPERS, L. KÖHLER und H. ZEIDLER geben einen Überblick über den aktuellen Stand diagnostischer Möglichkeiten bei der reaktiven Arthritis. Der Nachweis des Erregers bzw. von Erregerbestandteilen gelingt meist an der Eintrittspforte, zunehmend jedoch durch molekularbiologisch unterstützten Nachweis auch im entzündeten Gelenk.

Z Rheumatol. 61(2002)378-388

A. KEAT weist darauf hin, dass Infektionen für einen weiten Bereich entzündlicher Gelenkerkrankungen verantwortlich sind. Das Spektrum reicht von septischen Erkrankungen bis zu solchen, bei denen keine Erreger im Gelenk nachweisbar sind. In der Mitte des Bereichs liegen "post-infektive" und "reaktive" Arthritiden. Wahrscheinlich liegen in entzündeten Gelenken um so mehr Bakterien vor, je länger die Krankheit andauert.

Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)507-522

J. SIEPER, M. RUDWALEIT, J. BRAUN und D. VAN DER HEIJDE schlagen für die Chlamydia-induzierte und für die Yersinia- oder Salmonella-induzierte Arthritis zwei Diagnoseschemata vor, mit denen je nach Pre-Test-Wahrscheinlichkeit (auf Grund des klinischen Bildes) die Post-test-Wahrscheinlichkeit einer reaktiven Arthritis ermittelt werden kann.

Arthritis Rheum 46(2002)319-327

11.c Psoriasis-Arthritis

D. D. GLADMAN gibt eine Literaturübersicht zum derzeitigen Wissensstand über die Psoriasis-Arthritis. Diese liegt bei 13% der Spondyloarthritis-Patienten vor. Umgekehrt haben 50% der Psoriasis-Arthritis-Patienten eine Spondyloarthritis. Besprochen werden die Diagnose, genetische Faktoren, die Verlaufsaussichten und die Behandlung.

Curr Opin Rheumatol 14(2002)361-366

Eine weitere Literatur-Übersicht zur Psoriasis-Arthritis stammt von D. VEALE  und O. FITZGERALD. Der Schwerpunkt liegt auf möglichen Mechanismen der Krankheitsentstehung, auch für verschiedene Psoriasisarthritis-Untertypen.

Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)523-535

R. QUEIRO und 5 weitere Autoren weisen darauf hin, dass bei der Psoriasis-Spondyloarthritis das HLA-B27 nicht nur die Erkrankungswahrscheinlichkeit bestimmt, sondern auch die Ausprägung der Symptome, aber nicht die Erkrankungsschwere und auch nicht die Stärke der Behinderung. HLA-B27-Träger haben häufiger ein frühes Erkrankungsalter und häufiger eine beidseitige Entzündung der Iliosakralgelenke.

Semin Arthritis Rheum 31(2002):413-418

11.d Spondyloarthritis und entzündliche Darmerkrankungen

D. BAETEN, F. DE KEYSER H. MIELANTS und E. M. VEYS stellten fest, dass eine Darmbeteiligung bei Spondyloarthritiden häufig ist. Die Darmentzündung ist eng mit der Darmentzündung bei Morbus Crohn verwandt und ist häufiger bei Patienten mit einer Entzündung peripherer Gelenke. Es ist deshalb nicht überraschend, dass Spondyloarthritis-Patienten und Morbus-Crohn-Patienten von denselben Therapien (z.B. TNF-alpha-Blockade) profitieren.

Curr Opin Rheumatol 14(2002)342-347 und Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)537-549

Ø. PALM, A. ONGRE und J. T. GRAN berichten, dass 3,7% aller Patienten mit einer entzündlichen Darmerkrankung eine Spondylitis ankylosans haben. Von diesen sind 73% HLA-B27-positiv. Insgesamt haben 22% der Patienten mit einer entzündlichen Darmerkrankung eine Spondyloarthritis, davon 17% eine undifferenzierte Spondyloarthritis. Die Häufigkeit einer beschwerdefreien Entzündung der Iliosakralgelenke ist gering.

J Rheumatol 29(2002)511-515

O. ELKAYAM und 6 weitere Autoren stellten fest, dass bei 5 von 10 Patienten mit einer Spondyloarthritis und dem Verdacht auf eine entzündlichen Darmerkrankung diese durch Szintigraphie nachgewiesen werden konnte, während konventionelle Untersuchungsmethoden (Darmspiegelung) versagten.

Semin Arthritis Rheum 31(2002)406-412

12. Arbeitsfähigkeit und Krankheitskosten

Nach A. BOONEN und 6 weiteren Autoren ist die Rate anerkannter Erwerbsunfähigkeit unter Spondylitis-ankylosans-Patienten bei körperlicher Tätigkeit höher (4,2%) als bei nichtkörperlicher Tätigkeit (2,0%). Am höchsten ist sie im Transportgewerbe. Im Handel ist sie niedriger (1,9%) als im Dienstleistungsbereich (2,1%).

Ann Rheum Dis. 61(2002)658

Nach A. M. CHORUS, A. BOONEN, H. S. MIEDEMA und S. VAN DER LINDEN sind Spondylitis-ankylosans-Patienten mit unterschiedlicher Krankheitsdauer in ähnlichem Maße von Erwerbsunfähigkeit bedroht. Wichtigster Risikofaktor ist die Art, mit Einschränkungen umzugehen. Als günstig erwiesen sich technische oder ergonomische Anpassungen des Arbeitsplatzes und eine Arbeit in großen Firmen.

Ann Rheum Dis 61(2002)693-699

Nach M. M. WARD betragen die Krankheitskosten der Spondylitis ankylosans im Mittel 6720 $/Jahr, davon 26% direkte Kosten (Behandlung) und 74% indirekte (Produktivitätsausfallkosten). Die Wahrscheinlichkeit wesentlich höherer Kosten (mehr als 10 000 $/Jahr) steigt mit dem Ausmaß der Behinderung. Eine Verminderung der Bewegungseinschränkungen ist deshalb zur Kostensenkung besonders wichtig.

Arthritis Rheum 46(2002)223-231

Nach A. BOONEN betragen die jährlichen Krankheitskosten (direkte und indirekte) der Spondylitis ankylosans in Europa 9462 Euro pro Patient und Jahr. Die Krankheitskosten für die Gesellschaft können durch rechtzeitige und wirksame Behandlung (auch mit biologischen Medikamenten) reduziert werden.

Clin Exp Rheumatol 20(2002) Suppl 28:S23-26 und Best Pract Res Clin Rheumatol 16(2002)691-705

A. BOONEN und 11 weitere Autoren verglichen die Häufigkeit einer Erwerbsunfähigkeit auf Grund einer Spondylitis ankylosans in den Niederlanden, in Belgien und Frankreich. Sie beträgt in den Niederlanden 41%, in Frankreich 23% und in Belgien 9%. Sie ist in all diesen Ländern höher als für die Gesamtbevölkerung. Erwerbstätige Spondylitis-ankylosans-Patienten hatten in den Niederlanden durchschnittlich 19 Krankheitstage/Jahr, in Frankreich 6 und in Belgien 9 Krankheitstage/Jahr. Die durchschnittlichen Krankheitskosten betrugen in den Niederlanden 1257 Euro pro Patient und Jahr, in Frankreich 428 Euro und in Belgien 476 Euro. Wenn man die verlorene Lebensarbeitszeit mitberücksichtigt, sind die Kosten 7-8 mal so hoch.

 Ann Rheum Dis. 61(2002)429-437

13. Erstattung der Behandlungskosten

Weil die Gutachter der Versicherungsanstalten im allgemeinen keine Rheumatologen sind, wies H. KELLNER darauf hin, dass für eine qualifizierte Begutachtung (z.B. vor einer Invalidisierung) der Gutachter ausreichende Kenntnisse über das Wesen der Erkrankung, ihre Prognose sowie die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten besitzen muss. In das Gutachten sollten anerkannte klinische Messparameter und Krankheitsindices einfließen.

Z Rheumatol 61(2002)643-651

Sowohl der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags als auch das Bundestagsplenum hat einen Antrag des DVMB-Geschäftsführers Ludwig HAMMEL auf Erstattungsfähigkeit der Radium-224-Therapie bei Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew) positiv beschieden und die Bundesregierung aufgefordert, nach Möglichkeiten der Abhilfe gegen eine Verweigerung der Krankenkassen zu suchen (Bechterew-Brief Nr. 91 S. 7).

„Das Parlament“ vom 8./15. Juli 2002

14. Geschichte der Rheuma-Forschung

W. KEITEL beschrieb die Lebensgeschichte von W. M. Bechterew (1857-1927), wie er sie bereits im Bechterew-Brief Nr. 41 S. 32–35 beschrieben hat.

Z Rheumatol 61 (2002) 201-206

In den Räumen des Fachkrankenhauses für Rheumatologie und Orthopädie in Vogelsang bei Magdeburg wird unter Leitung von W. KEITEL eine Medizinhistorische Sammlung aufgebaut. Gesammelt werden Gerätschaften und Literatur zur Geschichte der Medizin mit Schwerpunkt Rheumatologie. Auch die Bibliothek, die der Spondylitis-ankylosans-Forscher F. SCHILLING der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie vermacht hat, wurde nach Vogelsang übertragen.

Akt Rheumatol 27(2002)56

Aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie beschrieben W. KEITEL und 3 Mitverfasser die Geschichte der Rheumatologie in Deutschland (siehe auch Bechterew-Brief Nr. 92 S. 12-13).

Z Rheumatol 61(2002) Suppl1:I/3-I/19
Bechterew-Brief Ende

Anschrift des Verfassers: Michaeliburgstr. 15, 81671 München