Aktuelles aus dem Gesundheitswesen
- Der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen hat im Februar 2004 Richtlinien festgelegt, nach denen Langfrist-Verordnungen nach der Heilmittel-Richtlinie (z.B. Arzt-Rezept für Gruppengymnastik) bei medizinischer Notwendigkeit möglich sind. Damit besteht die Hoffnung, dass Morbus-Bechterew-Kranke auch in Zukunft in der Regel lückenlos Verordnungen für die Gruppengymnastik erhalten können (außerhalb des Regelfalles).
- Seit dem 1. Januar 2004 sind erheblich höhere Zuzahlungen für Arztbesuch, Medikamente und Heilmittel (auch Gymnastik) zu leisten (siehe Morbus-Bechterew-Journal Nr. 95 vom Dezember 2003, Seite 33). Die Belastungsgrenze im Jahr beträgt 2% des Familien-Jahreseinkommens bzw. bei “schwer chronisch Kranken“ 1%. Als schwer chronisch krank wird anerkannt, wer mindestens ein Jahr lang jedes Quartal ärztlich behandelt wurde und zusätzlich
- entweder mindestens Pflegestufe 2 hat
- oder eine Behinderung oder Erwerbsminderung von mindestens 60% hat
- oder auf eine regelmäßige med. Versorgung angewiesen ist (Bescheinigung vom Arzt).
Genaue Angaben und Beispiele für Zuzahlungen finden Sie unter www.bvkm.de.
- Für Gruppenfunktionstraining und Rehasport sind entsprechend den Forderungen des Sozialgesetzbuches IX (SGB IX) die Gesamtvereinbarungen seit 1. Oktober 2003 in Kraft. Leider ist hierin festgeschrieben, dass die Krankenkassen Gruppenfunktionstraining nur auf zwei Jahre und Rehasport auf 120 Übungseinheiten innerhalb von drei Jahren begrenzt bezahlen. Diese Begrenzung gilt generell, auch für chronisch entzündliche Erkrankungen wie Morbus Bechterew.
In der Neufassung der Rahmenvereinbarung (gültig ab 1. Januar 2007) sind zwar weiterhin die zeitlichen Begrenzungen festgeschrieben, jedoch gelten Patienten nach einer Reha-Maßnahme als Neufälle mit einem neuen Anspruch auf Gruppenfunktionstraining oder Rehasport. Außerdem ist derzeit (Ende 2006) zu beobachten, dass vielen Patienten auch Folgeverordnungen von den Kassen genehmigt werden. Einige Klagen vor Sozialgerichten gegen die Zweijahresbegrenzung des Gruppenfunktionstrainings waren erfolgreich.
- Ab dem 1. Mai 2006 gilt das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG). Hier eine gekürzte Darstellung aus einer Pressemitteilung des Bundesgesundheitsministeriums:
- Vom 1. April 2006 bis zum 31. März 2008 gilt ein zweijähriger Preisstopp für Arzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden.
- Festbeträge sind Obergrenzen für die Erstattung von Arzneimitteln durch die gesetzliche Krankenversicherung. Es wird gesetzlich definiert, was echte Innovationen sind. Echte Innovationen, d. h. therapeutische Verbesserungen werden von den Festbeträgen freigestellt. Die Festbeträge für Arzneimittel werden abgesenkt. Die Krankenkassen können mit den Herstellern einen speziellen Rabattvertrag abschließen, damit die Arzneimittel mit Preisen über Festbetrag für die Versicherten ohne Mehrkosten verfügbar sind.
- Arzneimittel mit Preisen von 30 % und mehr unterhalb des Festbetrags können durch Beschluss der Spitzenverbände der Krankenkassen von der Zuzahlung befreit werden.
- Die Abgabe kostenloser Arznei-Packungen (Naturalrabatte) an Apotheken wird unterbunden. Apotheken hatten bisher die Möglichkeit, kostenlose Packungen anzunehmen und zum vollen Listen-Preis weiter zu verkaufen. Diese Regelung gilt auch für die rezeptfreien Arzneimittel und die Tierarzneimittel, die vom Endverbraucher selbst bezahlt werden. Auch die Krankenhausapotheken werden in diese Regelung einbezogen.
- Für Arzneimittel im Generika-fähigen Markt, also für patentfreie Arzneimittel mit gleichen Inhaltsstoffen, die von mehreren Unternehmen angeboten werden, wird ein Rabatt in Höhe von 10 % des Herstellerabgabepreises erhoben. Dieser Rabatt ist für die Hersteller in der Regel belastungsneutral, weil der Rabatt dem Gegenwert der bisher gewährten Naturalrabatte entspricht, die durch dieses Gesetz abgeschafft werden. Das bisherige Volumen der Naturalrabatte wird zur Entlastung der Krankenkassenbeiträge an die Krankenkassen weitergegeben. Ausgenommen von diesem Rabatt sind Arzneimittel, deren Preis um 30 % niedriger als der Festbetrag ist.
- Die Ärzte sollen künftig stärker in die Verantwortung für die Wirtschaftlichkeit ihrer Arzneiverordnungen genommen werden (so genannte Bonus-Malus-Regelung). Denn die Ärzte entscheiden mit ihren Verordnungen über die Höhe der Arzneimittelausgaben. Künftig sollen Zielvorgaben für die Preiswürdigkeit der verordneten Arzneimittel gelten.
Die Preiswürdigkeit der Arzneimittel in bestimmten Gruppen kann bestimmt werden mit Hilfe sog. Durchschnittskosten pro definierter Dosiereinheit auf Basis definierter Tagesdosen (DDD). Die definierten Tagesdosen sind durch eine amtliche Klassifikation vorgegeben, an deren Vorbereitung auch Vertreter pharmazeutischer Unternehmen beteiligt sind. Die Einzelheiten dieser Zielvorgaben für DDD-Kosten sollen von der gemeinsamen Selbstverwaltung auf Bundesebene durch Vertrag vereinbart werden. Das DDD-Konzept stellt sicher, dass weder die Anzahl der verordneten Arzneimittel noch die Anzahl der versorgten Patienten zu einem Malus führt. Die Selbstverwaltung auf Landesebene erhält die Möglichkeit, diese Zielvorgaben durch eine regionale Vereinbarung abzulösen. Dabei erhalten die regionalen Vertragspartner den notwendigen Spielraum, um bei der Ausgestaltung der Verträge flexibel und kreativ sein zu können. Voraussetzung ist dafür nur, dass eine vergleichbare Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Arzneimittelverordnung erreicht wird und verbindliche Ausgleichsverpflichtungen vorgesehen werden für den Fall, dass die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden.
- Die Praxissoftware in der Arztpraxis muss künftig manipulationsfrei sein. Damit wird insbesondere die weit verbreitete Praxis unterbunden, Ärzten kostenlose Software zu liefern, die bei der Auswahl von Arzneimitteln einen bestimmten Hersteller bevorzugt.
- Die Krankenhäuser sollen bei der Entlassmedikation auf Wirtschaftlichkeit achten.
Daraus ergibt sich:
Die Absenkung der Festbeträge (Abs. 2) kann zur Folge haben, dass die Vielfalt der Medikamente, die ohne Aufschlag dem Patienten zur Verfügung stehen, geringer wird.
Patienten, die ein bestimmtes Markenpräparat wünschen, dessen Preis über dem Festbetrag liegt, müssen die Mehrkosten selbst bezahlen.
Kranke haben die Chance, einige Medikamente, deren Preis mindestens 30 % unter dem Festbetrag liegt, ohne Zuzahlung zu erhalten.
Ärzte haben nun nur noch sehr begrenzt die Möglichkeit, bei der Verordnung ein teureres wirkstoffgleiches Medikament auszuwählen.
Für die Ärzte ist sicherlich die Bonus-Malus-Regelung sehr einschneidend. Sie soll ab 1. Januar 2007 gelten, kann aber durch länderspezifische Regelungen ersetzt werden. Aus Furcht vor einem „Malus“ werden sicher viele Ärzte bei ihren Verschreibungen sehr sparsam sein.