Häufig gestellte Fragen

Wie häufig ist die Krankheit?

Nach heutiger Schätzung erkrankt in Mitteleuropa rund ein halbes Prozent der  erwachsenen Bevölkerung an Morbus Bechterew, einschließlich solcher Fälle, die wegen eines relativ milden oder untypischen Verlaufs nicht erkannt werden. Rechnet man nur die diagnostizierten Fälle, so kommt man auf 0,1% bis 0,2% der Bevölkerung. Das bedeutet, dass in Deutschland etwa 350.000 Menschen mehr oder weniger stark vom Morbus Bechterew betroffen sind und dass bei 100.000 bis 150.000 dieser Patienten die Beschwerden so ausgeprägt sind, dass die Diagnose Morbus Bechterew gestellt wurde.

Die Häufigkeit aller entzündlichen Wirbelsäulenkrankheiten (Spondyloarthritiden), zu denen der Morbus Bechterew dazugehört, schätzt man auf 1,75% der erwachsenen Bevölkerung einschließlich nicht diagnostizierter Fälle. Es gibt also in Deutschland mehr als 1 Million Spondyloarthritis-Patienten, von denen ungefähr jeder Vierte die korrekte Diagnose erhielt.

Welche Ursachen kommen in Frage?

Die Ursache des Morbus Bechterew ist nach wie vor unbekannt. Man weiß, dass es sich um eine Fehlsteuerung des Immunsystems handeln muss, die dazu führt, dass sich das Immunsystem außer gegen eingedrungene Krankheitserreger auch gegen eigene Körperzellen richtet. Die Wissenschaftler kennen die Mechanismen, mit denen das menschliche Immunsystem seine Abwehrreaktionen steuert, heute wesentlich besser als noch vor wenigen Jahren und haben schon recht genaue Vorstellungen, in welcher Richtung die Krankheitsursache beim Morbus Bechterew zu suchen ist:  Offensichtlich muss eine Infektion (vielleicht der Verdauungs- oder Harnwege) mit einer erblichen Veranlagung zusammentreffen, um die Krankheit auszulösen. Besonders häufig ist die Krankheit unter den Trägern des  Erbmerkmals HLA-B27. Die Krankheit kommt aber auch bei Menschen ohne HLA-B27 vor. Außer dem HLA-B27 scheint es weitere Erbfaktoren zu geben, die die Krankheit begünstigen.

Ob körperliche Belastungen (Kälte, Nässe) und seelische Einflüsse den Ausbruch der Krankheit begünstigen oder nur den Verlauf nachträglich verschlimmern, ist noch nicht endgültig geklärt. Dass etwa ein Drittel der Patienten vom Beginn der Krankheit nach einem körperlich oder seelisch traumatisierenden Erlebnis berichten, spricht dafür, dass das Unterbewusstsein an der Krankheitsentstehung in irgendeiner Weise mitbeteiligt ist. Auch die überraschenden Erfolge der Neurokognitiven Therapie sprechen für eine Mitbeteiligung des zentralen Nervensystems bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Krankheit.

Sicher ist, dass der Morbus Bechterew nicht ansteckend ist.

Wie groß ist das Vererbungs-Risiko?

Schon seit langem beobachtet man, dass die Krankheit in einzelnen Familien gehäuft auftritt, dass also ein oder mehrere Erbfaktoren eine Rolle spielen. 1973 haben Wissenschaftler entdeckt, dass über 90% der Patienten mit Morbus Bechterew auf der Oberfläche ihrer Zellen das  Erbmerkmal "HLA-B27" tragen, während die Häufigkeit dieses Merkmals in der Gesamtbevölkerung Mitteleuropas nur etwa 8% beträgt. Ob dieses Merkmal bei einem Menschen vorliegt, kann an Hand einer Blutprobe bestimmt werden.

Die Literaturangaben für das Erkrankungsrisiko eines Kindes, von dem einer der Eltern Morbus Bechterew hat, liegen zwischen 4% und 15% (30% der HLA-B27-positiven Kinder). Wenn beide Eltern an Morbus Bechterew erkrankt sind, ist das Risiko vermutlich höher.

Solange keine Krankheitssymptome vorliegen, gibt es keinen Grund, den HLA-B27-Status eines Kindes bestimmen zu lassen, denn es gibt keine vorbeugenden Maßnahmen. Allenfalls für die Berufswahl kann die Abschätzung der Erkrankungswahrscheinlichkeit von Interesse sein.

Hängt der Verlauf vom Geschlecht ab?

Früher dachte man, der Morbus Bechterew sei bei Männern viel häufiger als bei Frauen und verlaufe bei Frauen milder als bei Männern. Im Rahmen einer DVMB-Patientenbefragung hat sich herausgestellt, dass Männer und Frauen etwa gleich häufig an Morbus Bechterew erkranken. Die Krankheit wurde früher bei Frauen nur häufiger als bei Männern nicht erkannt.

Aus einer Patientenbefragung der DVMB wissen wir auch, dass die knöcherne Versteifung der Wirbelsäule bei weiblichen Patienten im Mittel langsamer verläuft als bei männlichen Patienten. Die im Mittel langsamere Versteifung weiblicher Patienten mag dazu beigetragen haben, dass die Krankheitszeichen im Röntgenbild bei weiblichen Patienten früher häufiger übersehen wurden als bei männlichen Patienten. Die Schmerzen hingegen gehen bei männlichen Patienten häufiger als bei weiblichen Patienten nach einer Krankheitsdauer von 30 bis 40 Jahren zurück. Insgesamt kann also von einem "milderen" Verlauf bei weiblichen Patienten keine Rede sein.

Was tun, wenn die Krankheit die sexuelle Lust beeinträchtigt?

Der Morbus Bechterew beeinträchtigt den normalen Geschlechtsverkehr im allgemeinen nur wenig. Schmerzen und Steifheit begrenzen zwar die Möglichkeiten bei vielen Patienten, so dass sie Positionen vermeiden, die den Rücken besonders belasten. Dies schränkt aber die Variationsmöglichkeit insgesamt kaum ein. Größere Probleme können sich einstellen, wenn Gelenke der Arme oder Beine stark mitbetroffen sind, insbesondere die Hüftgelenke. Eine Hüftgelenks-Operation bringt dann nicht nur für die Alltagsbewegungen eine wesentliche Erleichterung, sondern auch für sexuelle Aktivitäten.

Wie weit die mit der Krankheit verbundenen Schmerzen, Müdigkeit und Niedergeschlagenheit die sexuelle Lust beeinflussen, hängt stark von seelischen Einflüssen (Selbstbewusstsein, Vertrauen zwischen den Partnern) ab. Hier sollten der Patient und sein Partner den Mut nicht verlieren und durch Experimentieren und Erfahrungen die individuelle Lösung finden. Offenheit und Unvoreingenommenheit auf beiden Seiten sind dabei von entscheidender Bedeutung.

Was ist bei einer Schwangerschaft zu beachten?

Eine Schwangerschaft bedeutet bei Frauen mit Morbus Bechterew kein besonderes Risiko für Mutter und Kind. Im Gegensatz zur chronischen Polyarthritis gehen beim Morbus Bechterew die Beschwerden während der Schwangerschaft nur selten zurück, sie verschlechtern sich aber auch nur selten. Eine wesentliche Besserung während der Schwangerschaft wird oft beobachtet bei Patientinnen, bei denen auch Gelenke außerhalb der Körperachse entzündet sind oder bei denen der Morbus Bechterew mit einer anderen Krankheit (Schuppenflechte der Haut oder entzündliche Darmerkrankung) verknüpft ist.

Der Morbus Bechterew beeinträchtigt die  Fruchtbarkeit nicht und erhöht auch nicht die Tendenz zu einer Fehl- oder Frühgeburt. Im allgemeinen kommen die Kinder auf normalem Wege zur Welt. Nur wenn die Hüftgelenke oder die Beckenknochen zu unbeweglich sind, kann ein  Kaiserschnitt notwendig sein. Frauenarzt und Geburtshelfer sollten aber in jedem Fall von vornherein über Ihre besonderen Probleme informiert sein.

Die Medikamentendosis sollte während der Schwangerschaft und  Stillzeit so gering wie irgend möglich gehalten werden, und es sollte nur ein Medikament eingenommen werden, dessen Unschädlichkeit für das Baby dokumentiert ist. Wenn einer der Partner mit einem Langzeit-Antirheumatikum ("Basis-Medikament") behandelt wird, ist es wichtig, dass schon der  Kinderwunsch rechtzeitig mit dem Arzt besprochen wird und das Medikament in genügendem Zeitabstand vor Eintritt der Schwangerschaft abgesetzt wird. Die regelmäßige Behandlung mit antirheumatischen Medikamenten muss 4 bis 8 Wochen vor dem Geburtstermin abgebrochen werden, da die Mittel die Wehentätigkeit hemmen, zu größeren Blutverlusten bei der Geburt führen können und auch dem Neugeborenen nicht zuträglich sind. Die meisten Antirheumatika können auch von stillenden Müttern eingenommen werden.

In Fragen zu diesem Themenkreis berät Sie das Zentrum für Mütterberatung und Familienplanung bei Rheuma-Erkrankungen (Frau Prof. Dr. Monika Østensen, Inselspital Bern).

Hat die Ernährung einen Einfluss auf den Krankheitsverlauf?

Karikarut: Mein Arzt sagt ich soll Fisch essen .. OGott, OGott!

In der aktiven Phase der Krankheit leidet der Körper als Ganzes. Sie sollten darauf durch eine gesunde Ernährung und gesunde Lebensweise Rücksicht nehmen. Dazu gehören Rohkost, Früchte und Gemüse als Vitaminquellen. Vermeiden Sie Übergewicht, denn damit würde es Ihnen schwerfallen, eine gute Haltung zu bewahren und sich genügend Bewegung zu verschaffen.

Bis vor kurzem dachte man, eine spezielle Rheuma-Diät gäbe es nicht. Inzwischen hat man festgestellt, dass der Körper die "Prostaglandine", die die Entzündung aufrechterhalten, nur aus ganz bestimmten ungesättigten Fettsäuren herstellen kann, wie sie im Fleisch reichlich vorkommen, nicht jedoch in pflanzlicher Nahrung. Eine andere ungesättigte Fettsäure, die die Bildung von Entzündungsvermittlern hemmt, kommt vor allem in Kaltwasser-Fischen vor, aber auch in Pflanzenölen. Empfohlen wird deshalb bei entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie dem Morbus Bechterew eine Ernährung mit

Mehr zum Thema Ernährung finden Sie in der Broschüre "Richtige Ernährung bei Rheuma und Osteoporose" und in zwei Kochbüchern, die bei den Literatur-Angeboten der DVMB besprochen sind und die Sie mit dem Literatur-Bestellzettel bei der DVMB-Geschäftsstelle bestellen können.

Wie kann man der Osteoporose und Wirbelbrüchen vorbeugen?

Weil die Wirbelsäule im Spätstadium des Morbus Bechterew häufig versteift ist und die Knochen außerdem zunehmend porös werden (Osteoporose), können selbst Bagatellunfälle zuhause oder unterwegs zu Wirbelbrüchen führen. Da ein Wirbelbruch fatale Folgen bis hin zur Querschnittslähmung haben kann, sind sowohl Vorbeugungsmaßnahmen gegen die Osteoporose als auch Maßnahmen gegen Unfälle sehr ernst zu nehmen.

Zu den Möglichkeiten, einer Osteoporose vorzubeugen, gehören genügend körperliche Bewegung, Vermeidung einer Dauerbehandlung mit Corticosteroiden, genügende Zufuhr von Kalzium (Milchprodukte) und Vitamin-D (Sonnenlicht), Verzicht auf Nikotin, Einschränkung des Konsums von Alkohol und Cola-Getränken sowie bei älteren Frauen evtl. eine Östrogen-Ersatztherapie.

Zu den Möglichkeiten der Unfall-Vorbeugung gehören das Training der Ausdauer und der Koordinationsfähigkeit, wiederum eine Einschränkung des Alkoholkonsums, die Vermeidung lose liegender Teppiche in der Wohnung, Vermeidung von Schuhen mit hohen Absätzen, Vermeidung rutschiger Oberflächen (Badewanne) und eine ausreichende Beleuchtung beim nächtlichen Aufstehen. Auch bei der Auswahl geeigneter Sportarten ist das mit einem Unfall verbundene erhöhte Risiko zu berücksichtigen.

Beeinflusst die Krankheit die Lebenserwartung?

Die mittlere Lebenserwartung von Morbus-Bechterew-Patienten unterscheidet sich praktisch nicht von der der Gesamtbevölkerung. Zur Verkürzung tragen vor allem die seltenen Fälle von Organbeteiligungen bei. Ein weiteres Risiko geht von den entzündungshemmenden Medikamenten aus, die bei jahrelangem Gebrauch zu Magen-Darm-Blutungen oder anderen Schädigungen führen können. Regelmäßige Kontrollen durch den Arzt sind wichtig, damit rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden können.

Normalerweise sollte ein Morbus-Bechterew-Patient keine Schwierigkeiten beim Abschluss einer Lebensversicherung haben. Ein von der Versicherung geforderter Risikozuschlag ist nicht gerechtfertigt und sollte nicht in Kauf genommen werden. Die DVMB-Geschäftsstelle berät Sie gerne. Achten Sie darauf, dass Ihr Morbus Bechterew im Versicherungsantrag aufgeführt wird. Nur dann können Sie sicher sein, dass später Leistungen nicht wegen Verletzung der Anzeigepflicht verweigert werden.

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Weitere Informationen zur Krankheit und ihrer Behandlung finden Sie in den Kapiteln

Ausführlichere Informationen zur Krankheit für Patienten finden Sie in der 107-seitigen reichhaltig illustrierten Broschüre "Morbus Bechterew - Ein Leitfaden für Patienten" (Heft 1 der DVMB-Schriftenreihe), die Sie mit dem Literatur-Bestellzettel bei der DVMB-Geschäftsstelle bestellen können.

Jedes Vierteljahr ausführliche neue Informationen vermittelt Ihnen die DVMB-Mitgliederzeitschrift "Morbus-Bechterew-Journal", die jedes DVMB-Mitglied regelmäßig zugeschickt bekommt. Den "Leitfaden für Patienten" bekommt jedes Neumitglied als Begrüßungsgeschenk. Zwei von vielen Gründen, möglichst bald Mitglied der DVMB zu werden!

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